Schule 2.0 – Eine repräsentative Untersuchung zum Einsatz elektr. Medien an Schulen aus Lehrersicht
Die überwältigende Mehrheit der Lehrer zeigt eine große Offenheit und Einsatzbereitschaft gegenüber neuen Medien. Als ausbaufähig werden jedoch die technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen erlebt. Qualifizierungsmaßnahmen für die Lehrer werden gefordert.
Fragestellung | Wie wird der Einsatz von ITK an deutschen Schulen von Lehrern bewertet? |
Gerätekategorie | Digitale Endgeräte |
Institution/Fach | Schule, MINT-Fächer, Sprachen und sonstige Fächer |
Methode | Empirische Studie, bundesweite Lehrerbefragung mit N=501 |
Einleitung
Lehrer sind im Schulkontext, so die Analyse, eine wichtige Gruppe, die die neuen digitalen Medien nutze. Schon heute bereite ein Großteil der Lehrer den Unterricht am Computer vor und nutze das Internet zu Recherchezwecken. Es habe sich gezeigt, dass Lehrer technikaffiner seien als der durchschnittliche Bundesbürger. Sie zeigten sich überraschend offen für neue Technologien, wüssten aber auch um die finanziellen und infrastrukturellen Voraussetzungen, die für die Annäherung an eine „kreidefreie Schule“ erforderlich seien. Auch müsse auf die Diskrepanz zwischen den Erwartungen der Lehrer und der tatsächlichen Situation an deutschen Schulen hingewiesen werden. Speziell die extensive Nutzung sozialer Netzwerke wird laut Studie im deutschen Schulunterricht ignoriert und wenig nutzbar gemacht.
Die Integration von Schlüsselaspekten der digitalen Ausstattung von Schulen, entsprechender Lehrkonzepte und angemessener Lehrerweiterbildung sei hierbei zentral. Länder und Schulträger seien wichtige Akteure für die Unterstützung einer solchen ganzheitlichen Umstellung auf eine konsequente e-School-Strategie. Die Ergebnisse einer repräsentativen Lehrerbefragung werden in der Veröffentlichung detailliert vorgestellt.
Untersuchungsdesign und Methodik
Auftraggeber der Studie war laut Bericht der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM) und die Befragung fand danach telefonisch im Februar 2011 statt. Die Studie nennt als Teilnehmer der Umfrage 501 Lehrer der Sekundarstufe I in Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen, Gymnasien und Schulen mit mehreren Bildungsgängen in ganz Deutschland. Die befragten Lehrer wurden, so die Analyse, über eine Quotenstichprobe auf Grundlage der Referenzdaten der Kultusministerkonferenz ausgewählt.
Ausgewählte Ergebnisse
Lehrer und Technik
Es zeigte sich nach den Ergebnissen, dass 90 % der Lehrer zu Hause über Breitbandinternet verfügen – diese Zahl sei für die Lehrer höher als für den Bundesdurchschnitt. Notebook und Netbook sind, so die Daten, bei den Lehrern mit 86 % sogar noch stärker verbreitet als stationäre Computer. Tablets sind bei Lehrern offenbar mit 6 % noch recht selten vertreten, dennoch im Verhältnis zum Rest der Deutschen überdurchschnittlich häufig. Für Handys (74 %) und Smartphones (42 %) in Lehrerhaushalten werden ebenfalls recht hohe Zahlen in der Studie genannt.
85 % der Lehrer äußern eine generell positive Einstellung gegenüber elektronischen Medien und die meisten Lehrer (78 %) nutzen danach bereits mindestens einmal pro Woche den Rechner zur Unterrichtsvorbereitung.
Einsatz elektronischer Medien im Unterricht
77 % der befragten Lehrer sind, so die Studie, gegenüber dem Einsatz elektronischer Medien im Unterricht positiv eingestellt, besonders hoch sei diese Bejahung bei Lehrern unter 50 Jahren (bis zu 86 %). Am häufigsten kommt mit 94 % der Beamer regelmäßig zum Einsatz, gefolgt vom Overheadprojektor (v. a. Lehrer über 50 nutzen ihn zu 70 %) und an dritter Stelle vom stationären Computer (62 %). Mobile Computer würden bereits von der Hälfte aller befragten Lehrer genutzt. Die interaktiven Whiteboards würden erst von etwa einem Drittel aller Lehrer benutzt, wobei Lehrer der MINT-Fächer (37 %) und Realschullehrer (42 %) beim Einsatz führten. Der beliebteste Zweck der Nutzung neuer Medien sei die Internetrecherche mit 88 %. Spezielle Lernprogramme würden nur von insgesamt 45 % aller Lehrer im Unterricht genutzt, davon sei die große Mehrheit Sprachenlehrer (78 %).
Die Einschätzung, dass der Einsatz von Computer und Internet die Gruppenarbeit zwischen den Schülern fördert, teilen 79 % der befragten Lehrer. 79 % seien der Ansicht, dass die Schüler schneller lernten und 77 % bestätigen, dass Computer und Internet es ermöglichen, individueller auf die einzelnen Schüler einzugehen. 76 % hätten der Aussage zugestimmt, dass die Schüler durch den Medieneinsatz motivierter seien und dass sie selbst dadurch Inhalte und Zusammenhänge besser hätten darstellen können. 73 % sähen auch das Potenzial, dass der Einsatz für eine bessere Konzentration der Schüler habe. Meistens sei die Zustimmung der jüngeren Lehrer (unter 40) höher ausgefallen als die der Älteren (über 50).
Drei Viertel alle Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren sind laut Studie in mindestens einem sozialen Netzwerk aktiv. Es habe knapp die Hälfte der Lehrer der Aussage zugestimmt, dass durch die Diskussion der Schüler untereinander auf diesen Plattformen der Unterricht weiter unterstützt werden könne. Dennoch könne sich etwa ein Viertel der Lehrer überhaupt nicht vorstellen, dass die Nutzung sozialer Netzwerke den Unterricht überhaupt unterstützen könne. Ein Großteil der Skeptiker sei über 50 Jahre alt. Nur 7 % der Lehrer unter 40 teilten diese Zweifel.
Voraussetzungen an Schulen
Nur ein Viertel der Befragten hält die technische Ausstattung ihrer jeweiligen Schule für gut. Nur 3 % nähmen diese als sehr gut wahr. Der Großteil der Lehrer schätze sie als mittelmäßig ein, das restliche Viertel beurteile die Ausstattung sogar als schlecht bis sehr schlecht. Es gebe hier große Altersunterschiede, die darauf hindeuteten, dass ältere Lehrer die Lage auch deshalb noch schlechter einschätzten, weil die fehlende Vertrautheit im Umgang und eine skeptische Grundeinstellung hinzukämen. Dies sei ein erster Indikator für die dringende Notwendigkeit von Lehrerweiterbildungen für diesen Bereich.
Knapp die Hälfte der befragten Lehrer habe in den letzten drei Jahren an einer Weiterbildung zu neuen Medien im Unterricht teilgenommen. Solche Weiterbildungen seien häufiger von Männern als von Frauen besucht worden, häufiger von jüngeren als von älteren und öfter von MINT-Lehrern als von denen anderer Fächer. Diese insgesamt relativ
geringe Quote, die speziell bei Lehrern über 50 (nur 31 % nahmen an einer Weiterbildung teil) zu wünschen übrig gelassen habe, wird von den Autoren beanstandet: Um die neuen Medien wirklich konstruktiv und effektiv in den Unterricht zu integrieren, müssten ihrer Meinung nach alle Lehrpersonen entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen wahrnehmen, die sie zur kompetenten Anwendung der neuen Medien im Unterricht befähigten.
Die Lehrer stimmten, so die Ergebnisse, mit diesen Forderungen größtenteils überein: neun von zehn seien der Auffassung, dass die Qualifizierungsangebote erweitert werden müssten und ebenfalls knapp 90 % fänden, dass die technischen Voraussetzungen an ihrer Schule verbessert werden müssten. 86 % der Lehrer fehlten an ihrer Schule offenbar noch ein konkreter Ansprechpartner für diese Themen, eine Art technischer Support. Die überwältigende Mehrheit mit 85 %, 84 % und nochmal 84 % sei der Meinung, dass sowohl die Lehrpläne dem verstärkten Einsatz neuer Medien angepasst werden müssten und das Lehramtsstudium besser auf diesen Einsatz vorbereiten sollte als auch, dass das Angebot der Lernmaterialien für elektronische Medien ausgebaut werden müsse.
BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Hrsg.)(2011). „Schule 2.0 – Eine repräsentative Untersuchung zum Einsatz elektronischer Medien an Schulen aus Lehrersicht“.