Einsatz personalisierter iPads im Unterricht aus Perspektive der Schüler

Abhängig von didaktischem Konzept und Anspruch an den Personalisierungsgrad der iPads ergeben sich unterschiedliche Herausforderungen aus technischer, infrastruktureller und medienpädagogischer Sicht.

Fragestellung Wie wirkt sich die Integration personalisierter iPads im alltäglichen Unterricht auf die (gemeinsame) Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen aus?
Gerätekategorie iPad
Institution/Fach Schule, fächerübergreifend
Methode Multimethodische empirische Studie mit Fokus auf Schülerperspektive

 

Ausgangslage

Die Autoren argumentieren, dass digitalen Medien im Unterricht eine besondere Bedeutung in Hinblick auf die Förderung fachübergreifender Kompetenzen der Schüler und die Vorbereitung auf einen lebenslangen Lernprozess zukomme. Die Forschung im deutschen Raum begrenze sich derzeit vor allem auf den Einsatz herkömmlicher mobiler Computer. Für das iPad lassen sich laut den Autoren zusätzliche Besonderheiten für Schulunterricht ableiten: Die Geräte seien leichter und mobiler, weniger anfällig für Software-Probleme und jederzeit griff und einsatzbereit.

Sie hätten das Potenzial, den schülerzentrierten Unterricht zu fördern und sowohl das kollektive als auch das individualisierte Lernen zu unterstützen.

Zum Pilotvorhaben: Einführung personalisierter iPads

2011 wurde nach dem Bericht in einer Berufsbildenden Schule ein dreimonatiges Pilotprojekt zum Einsatz personalisierter iPads durchgeführt. In jeder der zwei teilnehmenden Klassen wurden je acht Schüler/-innen mit einem iPad ausgestattet, über das sie während der Projektlaufzeit in Schule und Freizeit frei verfügen konnten. Zentrale Forschungsfrage war:

Wie wirkt sich die Integration personalisierter iPads im alltäglichen Unterricht auf die (gemeinsame) Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen aus?

Während zur Evaluation des Gesamtvorhabens die Ebenen Lehrer, Lernende, Inhalte und Medien beobachtet wurden, bezieht sich die vorliegende Auswertung speziell auf die Perspektive der Lernenden, insbesondere der iPad-Schüler. Sie wurde laut Bericht im Laufe der drei Monate mehrfach über unterschiedliche Methoden erfasst (Onlinebefragung, Online-Tagebuch, Gruppeninterview), darüber hinaus gab es eine zweitägige Unterrichtsbeobachtung und die Auswertung unangekündigter Screenshots der iPad-Bildschirme.

Einführung und Einsatz personalisierter iPads aus Perspektive der Schülerinnen und Schüler

Knapp drei Viertel der insgesamt 59 teilnehmenden Schüler berichten, so die Ergebnisse, eine positive Grundeinstellung gegenüber der Einführung neuer digitaler Geräte. Gruppen- und Partnerarbeit wird bevorzugt.

Die Nutzung der iPads wurde für die iPad-Schüler der Studie zufolge schon innerhalb der dreimonatigen Projektdauer sowohl in der Schule als auch in der Freizeit zur Routine. Als der größte Vorteil wurde offenbar die Schnelligkeit des Gerätes empfunden, mit der ein sehr spontanes Arbeiten möglich werde. Insbesondere der funktionierende Internetzugang sei eine zentrale Bedingung für das Gelingen des Projekts gewesen, da das Arbeiten mit Online-Speicherdiensten wie Dropbox nötig sei, um größere Datenmengen abzuspeichern. Zuhause sei das iPad vor allem für die Pflege der sozialen Kontakte über Social Media und E-Mail genutzt worden sowie für Informationssuche und Unterhaltung.

Das Gerät werde auch in der Freizeit umso stärker genutzt, je besser die erforderliche Infrastruktur gegeben sei (häusliche Internetverbindung etc.).

Die Heterogenität innerhalb der Klasse sei thematisiert worden, da die nur teilweise 1:1-Ausstattung zu einem starken Fokus auf die iPad-Schülergruppe während der Unterrichtszeit geführt habe. V. a. wurde im Unterricht, so der Bericht, mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Apps (z. B. Keynote, Safari, Quick Graph) recherchiert sowie Informationsmaterial aufbereitet und präsentiert. Die Gestaltung des Unterrichts mit dem iPad schien offenbar teilweise stärker durch die technischen Bedingungen bestimmt, als durch fachdidaktische Überlegungen. Gerade für die Recherche von Informationen müsse den Schülern vorher eine gewisse Medienkompetenz vermittelt werden, da ansonsten unzureichende Strategien im Umgang noch verstärkt würden.

Auch die Lehrer seien, so die Autoren, auf die Förderung der entsprechenden Basiskompetenzen angewiesen, da sie in der Handhabung der Geräte teils weniger geübt seien als die Schüler. Dadurch würden traditionelle Rollenverteilungen im Klassenzimmer in Frage gestellt, sowie die Selbststeuerung und -bestimmung der Schüler herausgefordert. Damit die fachdidaktische Gestaltung im Vordergrund stehen könne, müssten viele infrastrukturelle, technische und fachliche Voraussetzungen erfüllt sein.

Zu Beginn gab es, so die Untersuchungsergebnisse, viel Begeisterung über das Gerät, die jedoch dann einer zunehmenden Ernüchterung gewichen sei. Letztere sei auch durch die technischen Grenzen des Gerätes zusammenhinge. Die Akzeptanz des Geräts als Lernwerkzeug sei noch nicht sehr stark ausgeprägt, was, wie die Autoren vermuten, dadurch bedingt gewesen sei, dass bewährte Lernstrategien (Stichwort Papier und Schreibstift) nicht einfach aufgegeben würden und sich eine ganzheitlich veränderte Lernkultur noch etablieren müsse. Auch der Personalisierungsgrad der iPads wurde offenbar durch die Weitergabe der Geräte von iPad- an die Nicht-iPad-Schüler sowie die Lehrer beschränkt, da dadurch kein ganz unbefangener Umgang mit dem Gerät möglich gewesen war.

Dennoch ließ sich, so die Autoren, beobachten, dass die iPad-Schüler schon nach kurzer Zeit durch eine individuelle Gestaltung des Bildschirms oder der Apps „ihr“ Gerät personalisierten. Ebenso ließen sich wohl individuelle Ablagesysteme erkennen, die auf ein persönliches digitales Wissens- und Informationsmanagement hindeuteten. Diese Ordnungssysteme zeigten an, dass speziell die 1:1-Ausstattung selbstgesteuerte Lernprozesse anrege. Auch der individuelle, motivationale Mehrwert wurde hervorgehoben, da die Grenzen zwischen privater und schulischer Kommunikation und Inhalten verwischten. Jedoch sei für die nachhaltige Akzeptanz des iPads eine 1:1-Ausstattung notwendig. Nur so könne es sich als „Schaltzentrale des persönlichen Wissensmanagement“ etablieren.

Diskussion der Ergebnisse und Folgerungen

Drei zentrale Thesen wurden von den Autoren aus den ersten Ergebnissen des Pilotvorhabens extrahiert.

 

  1. „Die Rolle, die dem iPad im Kontext einer 1:1-Ausstattung im Verlauf des Unterrichts zugesprochen wird, hängt vom Grad der Steuerung der Lernprozesse durch die Lehrenden oder Lernenden ab.“ Je stärker personalisiert die Geräte seien, oder auch sein können, desto eher werde eine schülerzentrierte Arbeitsweise erreicht.
  2. „Mobile und personalisierte Endgeräte tragen zur Vermischung von schulischer und privater Mediennutzung bei.“ Die Integration der digitalisierten Lebenswelten der Schüler in den Unterricht, und das damit verbundene Ablenkungspotenzial, stelle eine neue Herausforderung dar.
  3. „Mit dem Einsatz von iPads geht die Herausforderung einher, weiterhin dem Primat der Didaktik gegenüber der Technik Rechnung zu tragen.“ Dennoch sei es auch für die didaktische Reorganisation von Unterricht wichtig, die technischen und infrastrukturellen Voraussetzungen zu kennen und zu erfüllen.

Die Autoren vertreten die Auffassung, dass eine Förderung von individualisiertem und schülerzentriertem Unterricht nur im Rahmen einer personalisierten 1:1-Ausstattung möglich sei. Wenn man ein anderes didaktisches Konzept wähle, reiche auch eine nicht-personalisierte 1:1-Ausstattung. Die entsprechende Lerninfrastruktur müsse abhängig vom didaktischen Vorgehen bereitgestellt werden.

Ludwig, L.; Mayrberger, K. & Weidmann, A. (2011). „Einsatz personalisierter iPads im Unterricht aus Perspektive der Schülerinnen und Schüler.“ Vom 2. Workshop „Lerninfrastruktur in Schulen: 1:1-Computing“.

Meta-Daten

Sprache
Deutsch
Anbieter
Education Group
Veröffentlicht am
20.03.2014
Link
https://www.edugroup.at/innovation/tablets-mobiles/didaktik/aus-der-forschung/detail/einsatz-personalisierter-ipads-im-unterricht-aus-perspektive-der-schueler.html?cHash=c48ac1d43581bd2596bfc45ccc50b59e&parentuid=216832
Kostenpflichtig
nein