Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit
Es handelt sich um ein sehr informationsdichtes Buch, das außerdem über eine akribische Beschreibung des Buchaufbaues verfügt, sodass sich jeder potentielle Leser ausgiebig orientieren kann, welche der vier grundlegenden Kapitel bzw. welche der vier anwendungsorientierten Kapitel ihn besonders...
Buchtitel: Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit. 4. Auflage
Autorinnen: Spiegel H
Verlag: Reinhardt
Erschienen: 2011
...ansprechen – interessant sind sie alle! Die vier Grundlagenkapitel befassen sich mit dem Handlungsfeld der Sozialen Arbeit, mit der sozialen Arbeit als wissenschaftlich fundierte Praxis, mit Handlungskompetenzen und mit methodischem Handeln in der sozialen Arbeit. Der zweite Teil des Buches enthält einen „Werkzeugkasten“: Arbeitshilfen für die Situationsgestaltung, für die Hilfeplanung, für die Konzeptionsentwicklung und für die Selbstevaluation.
Einige der wichtigen Anregungen seien exemplarisch angeführt: Z.B. die Kategorien der Wirklichkeitserfassung (Seite64). Dieses konzeptionelle Raster von Staub-Bernasconi umfasst die Ausstattungs-Kategorie (Ressourcen) von Individuen, Gruppen, Organisationen; weiter die Austausch-Kategorie (Beziehungen zwischen gleichrangigen sozialen Einheiten), die Macht-Kategorie (Beziehung zwischen nicht gleichrangigen sozialen Einheiten) und die Normen/Werte-Kategorie.
Auf Seite 70 wird auf Hegel hingewiesen, der das Selbstbewusstsein aus der sozialen Anerkennung ableitet. D.h. die Identität als Selbstbeziehung ist von Anfang an auf die Bejahung der Mitmenschen angewiesen. Hier könnte man sehr gut Martin Buber zitieren, der in seinem Dialogismus die Ichwerdung am Du eingehend beschreibt.
Wertvoll ist die auf Seite 73 erfolgte definitorische Unterscheidung zwischen Konzepten, Methoden und Techniken. Das ist relevant für die Entscheidung, auf welcher Ebene man die Soziale Arbeit ansiedeln möchte. Als losgelöste Technik steht das Handeln nicht in einem Begründungs- bzw. Wirkungszusammenhang, sondern lebt von der Pragmatik positiver Effekte. Auf Seite 76f werden Konzeptkategorien vorgestellt, zielorientierte, zielgruppenorientierte, sozialräumlich orientierte Konzepte und „Methodenkonzepte“, bei denen eine bestimmte Handlungsweise im Mittelpunkt steht.
Auf Seite 83 werden Handlungskompetenzen für die Soziale Arbeit aufgelistet. Neben den üblichen Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit etc. imponieren zwei Kompetenzformulierungen: Einerseits Neugier, Eigeninitiative und Interesse und andererseits ganzheitliches Denken.
Dass die Institution auch Stützen bieten muss für das individuelle professionelle Handeln, gipfelt im Bekenntnis, dass die professionelle Kunst in der Sozialen Arbeit hauptsächlich durch die „Person als Werkzeug“ realisiert wird (Seite94).
Spannend ist die in Tabelle 3 auf Seite 120 gebotene Struktur des Werkzeugkastens: Es handelt sich um eine Matrix, die vertikal von den Handlungsebenen (Fall, Management, kommunale Planung) und horizontal von „Handlungsbereichen“ aufgespannt wird (von der Autorin als Strukturelement methodischen Handelns definiert). Diese Bezeichnung umfasst die Analyse der Rahmenbedingungen, die Situations-oder Problemanalyse, die Zielentwicklung und schließlich die Planung und Evaluation. Wer zwischen Planung und Auswertung das dynamische Handeln in der konkreten Situation ansiedeln möchte, wird von der Autorin darauf hingewiesen, dass das konkrete Handeln in der jeweiligen Situation nicht „ methodisierbar“ ist.
Der Werkzeugkasten für methodisches Handeln bezieht sich daher sehr differenziert auf die Handlungsbereiche und auf die zwei Schritte des Handlungsprozesses Planung und Auswertung. Das ist so zu verstehen, dass Abgelaufenes ausgewertete wird und durch gezielte Einflussnahme Veränderbares quasi „neu“ geplant wird. DemANspruch, durch diese Reflexionen das methodische Handeln optimieren zu helfen, wird der zweite Teil des Buches voll gerecht, ob es sich nun als horizontale Perspektive (gegenüber der vertikalen der Handlungsbereiche) um verschiedene Sichtweisen handelt, oder um Wahrnehmungen, Motive, Deutungen, Einschätzungen, oder um Ziele, Indikatoren und Handlungsschritte handelt, um nur einige Beispiele zu nennen – immer wird das Problemfeld durch und durch analysiert, der Fall wird transparenter und damit aber methodisches Handeln professionalisiert.
Der Rezensent hat nicht den Ehrgeiz gehabt, die Informationsfülle wiedergeben zu können. Stattdessen wurden einige Schlaglichter auf interessante Anregungen geworfen, um die Leserschaft neugierig zu machen.
Von den Verständlichkeitsfaktoren nach Schultz von Thun hat das Buch in lobenswertem Ausmaß Prägnanz, Gliederung und verständliche Formulierungen. Ob es bei einer fünften Auflage auch einige Farbspritzer Stimulation geben könnte, ist als beeinflussbares Feld der situativen Planung der Autorin vorbehalten.
Wie auch immer, das Buch ist absolut lesenwert!