Klinische Psychologie im Krankenhaus
Es handelt sich um ein prächtiges Buch, nicht etwa wegen eines Ledereinbandes oder goldener Lettern, sondern weil ein überzeugendes Plädoyer für die Klinische Psychologie im Krankenhaus gelungen ist. Die Medizinische Universität Wien (die größte medizinische Einrichtung in Österreich, ...
Buchtitel: Klinische Psychologie im Krankenhaus.
Autorinnen: Lehrner J, Solba K, Traun-Vogt G und Völkl-Kernstock S
Verlag: Springer
Erschienen: 2011
...wie Rektor Wolfgang Schütz in einem der Vorworte ausführt) entfaltet mit einer starken Autoren– und Autorinnen-Präsenz (nur wenige Autoren und Autorinnen sind in anderen Einrichtungen tätig) einen breiten Fächer der klinischen Psychologie im Krankenhausbereich: Im ersten Teil werden die Grundlagen geschildert, z.B. wie wurde die Klinische Psychologie und die Gesundheitspsychologie in Krankenanstalten implementiert, wie sind die die Rahmenbedingungen (rechtlich, stationär), wie kann eine Krisenintervention im Krankenhaus ablaufen u. v. a. m.
Im folgenden Abschnitt werden verwandte Gebiete beschrieben; die Psychotherapie und die Seelsorge im Krankenhaus (wobei auf die unterschiedlichen Konfessionen Rücksicht genommen wird. Im Abschnitt Psychologie in Lehre und Wissenschaft wird der Beitrag der Psychologie für die Qualitätssicherung, die Forschung, die Frauenförderung und die Personalentwicklung dargestellt. Der folgende Abschnitt befasst sich mit psychologischen Tätigkeiten in spezifischen Klinischen Feldern, von der Dermatologie, plastischen Chirurgie, Unfallchirurgie bis hin zur Neurologie, Strahlentherapie, Physiologie, Orthopädie u. a. m. Es wird auch auf bestimmte Patientengruppen eingegangen: Frauenheilkunde, Kinder- und Jugendheilkunde, Kinder- und Jugendpsychiatrie. Weiters werden Praxisfelder der Medizinischen Psychologie veranschaulicht (wie z.B. die Arzt-Patient-Kommunikation, die Suizidprävention. Als Beispiel einer nationalen Forschungskooperation im Bereich Sozialmedizin die stationäre Raucherentwöhnung angeführt. Dass hier und an folgender Stelle nur demonstrative Hinweise möglich sind, stellt keine Wertung und Gewichtung dar, sondern ist eine Konsequenz aus der Fülle der Anregungen in diesem Buch. Einige „Glanzlichter“ seien also beispielhaft angeführt: Etwa die genderfaire Diagnostik (Seite 56), die u.a. Rücksicht auf die Unterschiede zwischen Männern und Frauen nimmt im anamnestischen Verhalten, wobei auch soziale Stigmata mitwirken (z.B. psychische Krankheit als Schwäche betrachtet führt zu einer erschwerten Diagnoseakzeptanz bei Männern). Ebenda findet sich auch eine ressourcenorientierte Diagnostik – ein ganz wichtiger Impuls. Auf Seite 71f wird auf das - für die sich zur Multiprofessionalität bekennende Klinische Psychologie - wichtige Transtheoretische Modell verwiesen, die in der ersten von sieben Kernannahmen betont, dass keine einzige Theorie der Komplexität von Verhaltensänderung gerecht werden kann, und mehrere Stufen der Veränderung beschreibt. Interessant ist auch das auf Seite 72f dargestellte sowohl direktive, als auch klientenzentrierte Beratungsmodell des Motivational Interviewing, dem es vor allem um die Bearbeitung hinderlicher Ambivalenzen geht. (Kleiner Hinweis an das Lektorat: Bitte bei einer Folgeauflage die nahezu durchgängig fehlende Großschreibung bei Anrede im auf Seite 74 dargestellten Praxisbeispiel korrigieren). Interessant auch das Konzept zur Prüfung ärztlicher Fertigkeiten (die sog. Pyramide von Miller) durch eine entsprechende Qualitätskontrolle, die vom Faktenwissen, zum Wissen Wie, Zeigen Wie bis zum Tun schreitet (Seite 124). Eindrucksvoll sind die Szenarien klinisch psychologischer Tätigkeit im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde, ob es sich nun um Fragen der Neonatologie, der Kardiologie oder Psychosomatik oder anderem handelt (S217ff).Originell der Aspekt des therapeutischen Einsatzes von Umwelthygiene in Form der Gartentherapie (Seite 291ff), die auf den heilsamen Effekt der Natur auf Wohlbefinden und Gesundheit abzielt. Wie umfassend der Indikationsbereich psychologischer Tätigkeit im klinischen Bereich ist, zeigt sich am Beispiel der psychologischen Begleitung bei der palliativen Strahlentherapie.
Das Buch ist ein gelungener Aufweis der großen Bedeutung, die der Klinischen Psychologie im Krankenhaus zukommt!