Emotionsfokussierte Therapie
Das Buch des rennomierten Psychologen, Forschers und Psychotherapeuten führt in die von ihm mitbegründeten Emotionsfokussierte Therapie ein.
Buchtitel: Emotionsfokussierte Therapie.
Reihe: Wege der Psychotherapie.
Autorinnen: Greenberg L S
Verlag: E. Reinhardt
Erschienen: 2011
Zum Inhalt
Das Buch des rennomierten Psychologen, Forschers und Psychotherapeuten führt in die von ihm mitbegründeten Emotionsfokussierte Therapie ein. Die Emotionsfokussierte Therapie (EFT) geht von der zentralen Idee aus, dass Emotionen hilfreich sind bei der Bewältigung der Lebensaufgaben, ihre Nützlichkeit jedoch durch traumatische Ereignisse oder defizitäre Bedingungen einbüßen können. "In der EFT wird Klienten geholfen, ihre Emotionen besser zu identifizieren, zu erleben, zu akzeptieren, zu regulieren, zu explorieren, sie mithilfe von Verbalisierungen zu verstehen, sie zu verändern, zu nutzen und flexibel damit umzugehen." (S 17).
Wichtige Erkenntnisse auf dem Entwicklungsweg dieses therapeutischen Ansatzes waren die Nachweise, dass besonders die gemeinsame Bearbeitung von Aufgaben effektiv ist und als realisierte Empathie hilfreicher ist als die bloß verbale Kommunikation des Verstehens der inneren Welt des Klienten; weiter, dass man die Emotionen so wichtig einschätzte, dass man vom emotionsfokussierten Coping sprechen konnte und der Therapeut als Emotionscoach betrachtet wurde ( S33).
Während insbesondere der personzentrierte Ansatz die Kongruenz von Selbstbild und Realbild als Gesundheitsindikator setzte, sieht die EFT im Prinzip der Kohärenz den entscheidenden Faktor für eine gesunde Funktionsweise (S 37), nicht die Übereinstimmung zwischen Selbstbild und Erleben wird gesucht, sondern die Herstellung einer kohärenten Selbstbeschreibung als Prozess. (Hier wäre ein Hinweis auf Antonovsky wertvoll gewesen, der dem Kohärenzerleben eine zentrale Bedeutung zugemessen hat).
Auf Seite 40 wird auf die Bedeutungssuche des Menschen hingewiesen. Im Dienste höherer Gefühle wie Tugend oder Liebe, für Werte wie Freiheit oder Gerechtigkeit ist der Mensch bereit, auch Schmerz zu ertragen, sich zu opfern, schreibt der Autor. (Hier wäre der Hinweis auf Frankl und seine Sinnkonzeption angebracht gewesen und auf das von ihm oft gebrauchte Nietzsche-Zitat " Wer ein Warum hat, erträgt fast jedes Wie!").
Emotionale Schemata bilden, so der Autor auf Seite 42 die Basis des emotionalen Reaktionssystems, sie sind Erinnnerungsstrukturen, die ermöglichen, dass Erlebnisse flexibel und adaptiv erarbeitet werden können. Schemata können allerdings auch maladaptiv sein oder werden und eine schädigende Wirkung entfalten. (Hier wäre ein Hinweis auf Querverbindungen und Differenzen zur Schematherapie von Jeffrey E. Young wertvoll gewesen). "Wichtig ist, dass es ..nicht die kognitive Bewertung in sprachlicher Form ist, die Emotionen auslöst. Es ist vielmehr eine Art von automatischem Musterabgleich, der das Emotionen produzierende Schema auslöst." (S 46). Die schnelle Bewertung von Mustern durch Suche nach Übereinstimmung mit internen Merkmalen des Emotionsschemas läuft auf einer ersten Ebene ab, erst danach kommt es zur kognitiven Verarbeitung. (Hier wäre ein Vergleich mit dem komplementären Ansatz der Rational-Emotiven Therapie von Albert Ellis sinnvoll gewesen, bei dem ja bekanntlich die Beliefs die Ereignisse so interpretieren, dass sich passende oder unpassende emotinale Konsequenzen ergeben).
Es gibt also eine Bewertung erster Ordnung auf emotionaler Basis ohne Sprachverwendung und eine Bewertung zweiter Ordnung, die eine sprachliche Reflexion der Erstbewertung darstellt. (S 48).
Die beiden zentralen Anliegen der EFT lauten: "Menschen mit zu wenig Emotionen helfen, mehr Emotionen zu erschließen, und Menschen mit zu vielen Emotionen helfen, ihre Emotionen zu kontrollieren." (S 75). Durch die Bearbeitung der Emotionen gelingt es, die Bedeutung der Emotionen zu verstehen und sie zu korrigieren, zu transformieren (S79). Die Bearbeitung der Emotionen kann zunächst auch Furcht oder Scham, Trauer oder Wut hervorrufen, die therapeutische Arbeit besteht darin, diese maladaptiven Reaktionsweisen in adaptive überzuführen, zu transformieren. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch sog. Marker, dieals besondere körperliche oder verbale Ausdrucksformen wichtige Prozesse im Klienten signalisieren. (S92f).
Prinzipiell geht es um die Wahrnehmung zugrunde liegender schmerzhafter Emotionen, aber der Klient wir dort abgeholt, wo er sich befindet, sei dies auf einer zunächst noch rationalen Ebene oder auf der Ebene eines ausdrücklichen Symptomreduzierungswunsches. (S 108).
Auf Seite 127 meint der Autor der Verhaltenstherapie vorwerfen zu müssen, dass Erregung und Gewöhnung an den Distress (offensichtlich meint der Autor damit eine systematische Desensibilisierung) nicht ausreichen, um wirkliche Veränderungen herbei zu führen, sondern schrittweise maladaptive und dann adaptive Emotionen durchlaufen werden müssen. Diese Kritik dürfte einer angemessen differenziert arbeitenden Verhaltenstherapie nicht gerecht werden. Auch auf Seite 139 befindet sich eine Gegenüberstellung, die hinterfragbar ist: So würden in psychodynamischen Therapien mehr externale Erzählungen dominieren gegenüber den mehr internalen der EFT. Es fragt sich nur, welche psychodynamischen Therapien zum Vergleich herangezogen wurden. Wenn es interpersonelle, relationale Ansätze waren, dann ist ja die Tendenz zur Externalisierung bereits als Therapiemerkmal evident.
Insgesamt handelt es sich um ein interessantes Einführungsbuch zu einer neuen Therapieakzentuierung und ihrer Theorie, ihrem therapeutischen Prozess. Das Kapitel 5 beschreibt zufriedenstellende Evaluationen - auch zu verschiedenen Settings der EFT. Das abschließende Kapitel schildert künftige Entwicklungsmöglichkeiten. Man sollte sich mit diesem Konzept auseinander setzen. Anregung dazu liefert das Buch in vielfacher Weise!