Lehrplan '99 für GW | ||
Bildungs- und Lehraufgabe:
Im Mittelpunkt von Geographie und Wirtschaftskunde steht der Mensch. Seine Aktivitäten und Entscheidungen in allen Lebensbereichen haben immer auch raumstrukturelle Grundlagen und Auswirkungen. Diese räumlichen Aspekte menschlichen Handelns sind Gegenstand des Unterrichts. Besonders thematisiert werden solche Vernetzungen am Beispiel der Wirtschaft, deren allgemeine Grundlagen zu erarbeiten sind. Es bieten sich vielfältige Ansätze fächerverbindenden Arbeitens an. Neben der bewussten Wahrnehmung wird die Beschreibung sowie die Erklärung von Sachverhalten, Zusammenhängen und Entwicklungen des menschlichen Handelns angestrebt. Geographie und Wirtschaftskunde soll Schülerinnen und Schülern helfen, im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich verantwortungsbewusst und tolerant zu handeln.
Im Geographie-und-Wirtschaftskunde-Unterricht der 1. bis 4. Klasse wird angestrebt:
- Aufbau von Orientierungs- und Bezugssystemen mit Hilfe fachbezogener Arbeitsmittel und Arbeitstechniken, um Wissen selbstständig erwerben, einordnen und umsetzen zu können.
- Bewusstes Wahrnehmen der räumlichen Strukturiertheit der Umwelt.
- Einsichten in Vorgänge der Raumentwicklung gewinnen, um Fragen der Raumnutzung und Raumordnung unter Beachtung von Ökonomie und Ökologie zu verstehen.
- Einblick in unterschiedliche Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme gewinnen, um sich mit aktuellen und zukünftigen politischen Fragen auseinander zu setzen sowie demokratisch und tolerant handeln zu können.
- Die raumdifferenzierende Betrachtungsweise in anderen Bereichen anwenden sowie Kenntnisse und Einsichten aus anderen Unterrichtsgegenständen heranziehen können.
Beitrag zur Aufgabe der Schule:
Verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt; Toleranz gegenüber dem Anderen bzw. gegenüber Minderheiten; Bewertung ökonomischer Fragestellungen unter ethischen und religiösen Gesichtspunkten.
Beiträge zu den Bildungsbereichen:
Sprache und Kommunikation:
Erwerb von Sprachkompetenz durch Auswertung von Texten,
Bildern und grafischen Darstellungsformen; Einbeziehung aktueller
Massenmedien; Entwicklung einer Diskussionskultur.
Mensch und Gesellschaft:
Erwerb von Urteils- und Kritikfähigkeit, Entscheidungs- und
Handlungskompetenz; Entwicklung von Toleranz gegenüber dem
Anderen bzw. gegenüber Minderheiten; Erkennen und Bewerten von
Gegebenheiten und Entwicklungen in der Arbeits- und Berufswelt;
Bewertung ökonomischer Fragestellungen unter ethischen
Gesichtspunkten; Einsicht in ökonomische Zusammenhänge; Aufbau
eines Wertesystems zur verantwortungsbewussten Gestaltung des
Lebensraums.
Natur und Technik:
Erklärung der Entstehung von Naturvorgängen und ihrer
Wirkung auf Mensch und Umwelt; Beschreibung der Auswirkungen
klimatischer Veränderungen auf die Lebenswelt;
Verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt; Kritische
Auseinandersetzung mit Statistiken, Wahrnehmen von
Manipulationsmöglichkeiten; Auseinandersetzung mit einfachen
Modellen.
Kreativität und Gestaltung:
Kreative Darstellung von Sachverhalten; Entwicklung der
Bereitschaft zur Mitwirkung an der Gestaltung der Umwelt.
Gesundheit und Bewegung:
Verwendung einschlägiger Orientierungshilfen; Erkennen des
Zusammenhangs zwischen Gesundheit und Umweltbedingungen; Erfassen
der zunehmenden Bedeutung der Freizeitgesellschaft; Erkennen der
kulturellen Differenzierung von Ernährungsgewohnheiten.
Didaktische Grundsätze:
In der 1. und 2. Klasse soll der Erwerb elementarer Begriffe, Fertigkeiten und Einsichten anhand einfacher Sachverhalte angestrebt werden. Dabei soll den Schülerinnen und Schülern die Vielfalt menschlichen Lebens und Wirtschaftens auf der Erde bewusst werden.
In der 3. und 4. Klasse soll die Erweiterung und Vertiefung dieser Qualifikationen erfolgen. Es sollen grundlegende Kenntnisse und Einsichten über Österreich und Europa sowie Verständnis für weltweite Fragestellungen angebahnt werden.
Geographische und wirtschaftskundliche Inhalte sollen im Unterricht nicht nebeneinander stehend getrennt, sondern in starkem Maße miteinander verflochten in vergleichender Darstellung aller Kontinente unter möglichst häufiger Berücksichtigung Österreichs behandelt werden.
Der Lehrplan sieht für jede Klasse mehrere Themenkreise vor. Diese werden durch Zielstellungen näher bestimmt. Ihre Reihenfolge im Lehrplan ist eine Grundlage für die Unterrichtsplanung, deren Festlegung den Lehrerinnen und Lehrern obliegt.
Der Lehrstoff der 1. bis 4. Klasse ist nach thematischen Schwerpunkten gegliedert. Im Unterricht sind drei leitende Fragenbereiche immer wieder aufzugreifen:
Österreich wird in jeder Schulstufe behandelt, wobei das Hauptgewicht in der 3. Klasse liegt. Neben einem soliden topographischen Orientierungswissen ist eine Übersicht der demographischen, sozialen, politischen und ökonomischen Strukturen und Entwicklungstendenzen zu vermitteln sowie die Stellung des Landes innerhalb Europas herauszuarbeiten.
Die Leitfrage Zentrum/Peripherie stellt den Problemkreis regionaler Disparitäten in den Mittelpunkt, wobei von lebensweltlich unmittelbar erfahrbaren Beispielen auszugehen ist. Kleinregionale, nationale, europäische und globale Fragestellungen sind zu berücksichtigen.
Das Wechselspiel zwischen Produzent und Konsument bzw. Angebot und Nachfrage sowie ihr Zusammenwirken für die Preisbildung, betriebswirtschaftliche und nationalökonomische Prozesse stehen im Zentrum des Fragenbereichs Markt und Wirtschaftskreisläufe.
Die regionale Zuordnung der einzelnen Beispiele sowie die zusammenfassende Darstellung auf jeder Schulstufe hat gemeinsam mit topographischen Übungen den Aufbau eines erdumspannenden topographischen Grundgerüsts zu sichern, das immer wieder herangezogen und weiter verdichtet werden muss. Topographische Begriffe sollen aber nie um ihrer selbst willen gelernt, sondern immer mit bestimmten Sachverhalten bzw. Fragestellungen verbunden werden.
Der Unterricht in Geographie und Wirtschaftskunde muss sich regelmäßig der erreichbaren realen Umwelt zuwenden. In Lehrausgängen, Wanderungen, Betriebserkundungen und ähnlichem sollen die Schülerinnen und Schüler unmittelbar an der Wirklichkeit räumliche und wirtschaftliche Situationen erleben. Viele Lerninhalte sind einer unmittelbaren Begegnung jedoch nicht zugänglich. Deshalb ist Geographie und Wirtschaftskunde auf die Verwendung unterschiedlicher Medien angewiesen. Sie ermöglichen die wiederholte Auseinandersetzung mit Lerninhalten und dienen der Objektivierung und Zuordnung der Einzelbeobachtung. Die Verwendung elektronischer Medien soll zur arbeitsorientierten Unterrichtsgestaltung wesentliche Impulse beisteuern. Besonders zu fördern sind Unterrichtsprojekte, da sie eine ganzheitliche Auseinandersetzung mit komplexen Fragestellungen ermöglichen. Offene Lernformen sollen eine Individualisierung und Autonomisierung des Lernprozesses gewährleisten.
Lehrstoff:
Kernbereich:
1. und 2. Klasse:
Darstellung menschlichen Lebens und Wirtschaftens; Aufzeigen von Gleichartigkeiten und Unterschieden. Grundlegende Einsicht, dass Gesellschaft und Wirtschaft räumlich strukturiert sind.
Beispiele aus Österreich und Europa sollen in der ersten und zweiten Klasse vertreten sein, jeder außereuropäische Erdteil wenigstens einmal in einer der beiden Klassen.
Ein Blick auf die Erde
Wie Menschen in unterschiedlichen Gebieten der Erde leben und wirtschaften
Wie Menschen Rohstoffe und Energie gewinnen und nutzen
Ein erster Überblick
Leben in Ballungsräumen:
Gütererzeugung in gewerblichen und industriellen Betrieben:
Der Dienstleistungsbereich:
Die Erde als Lebens- und Wirtschaftsraum des Menschen eine Zusammenschau:
3. und 4. Klasse:
Vertiefende Kenntnisse und Einsichten über menschliches Leben und Wirtschaften in Österreich, Europa und auf der Erde. Darstellung in Einzelbildern und Übersichten. Besondere Berücksichtigung von natürlicher und gestalteter Umwelt, Wirtschaft, Arbeitswelt und Berufsfindung. Aufbau der Bereitschaft, sich aktuellen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fragen zuzuwenden. Weiterentwicklung topographischer Kenntnisse und methodischer Zugänge zu deren Erwerb. Behandlung eines Fallbeispiels in Projektform.
Lebensraum Österreich:
Gestaltung des Lebensraums durch den Menschen:
Einblicke in die Arbeitswelt:
Wirtschaften im privaten Haushalt:
Volkswirtschaftliche Zusammenhänge: Österreich Europa:
Gemeinsames Europa vielfältiges Europa:
Zentren und Peripherien in der Weltwirtschaft:
Leben in einer vielfältigen Welt:
Leben in der "Einen Welt" Globalisierung:
Erweiterungsbereich:
Die Inhalte des Erweiterungsbereichs werden unter Berücksichtigung der Bildungs- und Lehraufgabe sowie der Didaktischen Grundsätze festgelegt (siehe den Abschnitt "Kern- und Erweiterungsbereich" im dritten Teil).