Wolfgang Sitte

Probleme um das Pitztaler Gletscherskigebiet

Aus: GW-Unterricht Nr.94 (2004) S.XX - XX

Inhaltsverzeichnis

1. Zur Freytag-Berndt-Karte
2. Das innere Pitztal - ein extremer Hochalpenraum
 
 
 
 
 
 

 

1. Zur Freytag-Berndt-Karte
Der Kartenausschnitt stammt aus der f&b-Wanderkarte WK 251 Ötztal - Pitztal - Kaunerial -Wildspitze, Maßstab 1 : 50 000. Das 110 cm (Höhe) x 75 cm (Breite) große Blatt reicht im Norden bis Imst und im Süden bis zum Weißkugel-Hohe Wilde-Kamm, der die Staatsgrenze zwischen Österreich und Italien bildet. Im Westen ist noch das Kaunertal auf dem Blatt zu sehen, im Osten das Gebiet um die Dresdner Hütte in den Stubaier Alpen sowie das Sellrain. Da das Blatt die gesamten Ötztaler Alpen und einen Teil der Stubaier umfasst, ist es ideal für die Planung von Wandertouren dort, wobei die eingetragenen Wegmarkierungen und Schutzhütten helfen. Ein der Karte
beigegebener Kurzführer informiert knapp über Gehzeiten, Weitwanderwege und enthält einen Index der GPS-Punkte. Er ersetzt allerdings nicht spezielle Gebietsführer. Außerdem sollten bei hochalpinen Touren im Gletscherbereich die entsprechenden ausgezeichneten Karten des Alpenvereines' (im Maßstab 1: 25 000) verwendet werden.

2. Das innere Pitztal - ein extremer Hochalpenraum
Das Pitztal ist eines jener drei großen Täler, die aus den Ötztaler Alpen nach Norden ziehen. Es ist etwa 40 km lang und mündet bei Arzl in rund 700 m Meereshöhe mit einer Schluchtstrecke in den Inn. Die das Tal entwässernde Pitze kommt aus dem Raum nördlich der Wildspitze, die mit 3 770 m 2 der höchste Berg der Ötztaler Alpen ist. Die Pitze entspringt aus dem Mittelbergferner, der um die Mitte des 19. Jhs., wie man an seiner damaligen Endmoräne noch heute erkennen kann, in 1 795 m Meereshöhe endete. Seither zog er sich stark zurück. Wichtigster Zubringer der Pitze ist der knapp unterhalb Mittelbergs in sie einmündende, vom Taschachferner kommende Taschach Bach3. Der natürliche Abfluss der Pitze, der von der Schnee- und Gletscherschmelze in ihrem hochgelegenen Einzugsgebiet beeinflusst wird, ist in den Sommermonaten am höchsten. Er wird heute allerdings erheblich geschmälert. Bereits im obersten Talabschnitt in ca. 1 800 m Meereshöhe wird ihr Wasser sowie das des Taschach Baches gefasst und durch einen ca. 11 km langen Überleitungsstollen zum Gepatseh-Speicher im benachbarten Kaunertal gebracht. Eine zweite Ableitung (sie liegt außerhalb unseres Kartenausschnittes) am Ausgang des Pitztales bei Wenns führt dann den restlichen Abfluss der Pitze (zum Teil) dem Innkraftwerk in der Imsterau zu. Infolge dieser Eingriffe büßte die Pitze ihren Wildbachcharakter stark ein, andererseits aber wurde (zusammen mit Schutzbaumaßnahmen) dadurch die Hochwassergefahr im Tal vermindert.

Das Pitztal (Abb.2) besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Abschnitten. Der nördliche Teil -wahrscheinlich eine alte Furche des Inn über den Pillersattel - ist breit, offen und klimatisch begünstigt. Er umfasst die Gemeinden Arzl, Wenns und Jerzens, in denen heute auf 89 km2 rund 5 700 Einwohner meist in Haufensiedlungen leben. Hier nimmt das Dauersiedlungsland ca. 21 Prozent der Fläche ein. Etwa ab Jerzens setzt dann nach einem schluchtartigen Abschnitt das innere, das eigentliche Pitztal an. Seine steilen Flanken und Wände ziehen zu den schutterfüllten hochgelegenen Karen und Gipfeln des Geigenkammes im Osten und des Kaunergrates im Westen hinauf Muren und Lawinen bedrohen den von Schwemmkegeln eingeengten kargen Talboden. Die sich hier erstreckende Gemeinde St. Leonhard ist mit 223 km2 eine der größten in Tirol. Ihr Dauersiedlungsraum beträgt nicht ganz 3 Prozent, dagegen nimmt das so genannte Ödland (Gewässer, Geröll, Felsen und Gletscher) in ihr zwei Drittel der Gemeindefläche ein. Die meisten Siedlungen liegen zwischen 1 200 m und 1 740 m Meereshöhe viele empfangen im Winter keinen oder nur 1 bis 2 Stunden lang Sonnenschein.
Das innere Pitztal wurde als Schwaighöfegebiet4 im Mittelalter erschlossen und entwickelte sich in der Neuzeit (vor allem nach dem Auslaufen der Grundherrschaft) zu einem typischen Notstandsgebiet. Ausschlaggebend dafür war neben den extremen Naturbedingungen des hochalpinen Tales vor allem die jahrhundertlange Güterteilung5, die zur Aufsplitterung der bäuerlichen Besitzflächen führte. Infolge wachsender Bevölkerungszahl wurde es für die kinderreichen Familien immer schwieriger, ihren Nahrungsmittelbedarf aus Eigenem zu decken. Nebenbeschäftigungsmöglichkeiten gab es in dem abgelegenen Tal fast nicht. Daher blieb nur die Auswanderung oder die Saisonarbeit in der Fremde als Lösung. Während des 19. Jhs. soll etwa die Hälfte aller Männer, viele unverheiratete Frauen sowie auch Kinder von 9 bis 15 Jahren jährlich in den Sommermonaten außerhalb des Tals gearbeitet haben.

3. Zur Bevölkerungsentwicklung
Abb. 3 zeigt anhand der Daten der Volkszählung, dass erst in den Dreißigerjahren des 20. Jhs. eine leichte, nach den Zweiten Weltkrieg aber dann eine relativ starke Zunahme der Bevölkerung in allen Pitztaler Gemeinden einsetzte. Während Arzl und Wenns vor allem von der Nachbarschaft zum prosperierenden Imstergebiet profitierten, (sie haben die höchsten Auspendlerzahlen), bewirkte in Jerzens und St. Leonhard in erster Linie der Tourismus den Anstieg, weil die Abwanderung dort bei zunehmenden Arbeitsplätzen zurückging.

4. Die verkehrsmäßige Erschließung unterstützt die Anfänge des Tourismus
Im Vergleich zu anderen Tiroler Tälern ist die prachtvolle Bergwelt rund ums Pitztal erst verhältnismäßig spät entdeckt und erschlossen worden. K. Sonklar berichtet 1861, dass damals nicht einmal die Namen der großen Gletscher in der Fachliteratur bekannt waren. Sicherlich hing das u.a. auch mit der schwierigen Erreichbarkeit zusammen. Sie besserte sich zwar etwas nach der Eröffnung der Arlbergbahn im Jahr 1884, beim Fehlen einer Fahrstraße in und durch das Tal brauchte man aber auf dem Ochsenweg zu Fuß von Imst bis Mittelberg 9 1/2 Stunden. Ab 1923 konnte man mit dem Auto wenigstes bis Wenns fahren, 1933 wird die Straße dann bis St. Leonhard6 fertig gestellt, aber erst ab 1956 war Mittelberg, die letzte Siedlung im Tal, auch mit dem Auto zu erreichen. Vor und nach dem Ersten Weltkrieg waren es vor allem Bergsteiger, die im Sommer zu Besuch kamen. Sie heuerten Führer und Träger an, nächtigten in den wenigen und bescheidenen Talunterkünften bzw. in den von deutschen Sektionen des Alpenvereins mit Pitztaler Arbeitern errichteten Schutzhütten (Taschach Haus 1874, Braunschweiger Hütte 1892, Riffelsee Hütte 1939). Zaghaft entwickelte sich dann auch in den Zwanziger- und Dreißigerjahren - unterbrochen durch die von Hitler über Österreich verhängte Tausendmark-Sperre und den Zweiten Weltkrieg - die so genannte ,,Sommerfrische".
Die Armut aber blieb und wurde teilweise so drückend, dass 1937 mit Unterstützung der Landesregierung ein Hilfsausschuss für das innere Pitztal gebildet wurde, um den kinderreichen Bergbauernfamilien in ihrer trostlosen Lage mit Sachspenden wenigstens etwas zu helfen.

5. Die Errichtung des Pitztaler Gletscherskigebietes als Take-off
Obwohl auch das Pitztal den ,,Fremdenverkehr" als zusätzliche Einnahmequelle entdeckte und nach dem Zweiten Weltkrieg diesbezüglich auch eine leichte Steigerung eintrat, blieb der Ausbau seiner Einrichtungen im inneren Pitztal hinter der allgemeinen Entwicklung zurück. Während in Jerzens7, der ehemaligen Bergbauerngemeinde, schon seit den Sechzigerjahren mit der Erschließung des Hochzeiger-Skigebietes und dem Ausbau der Gastronomie kräftige Tourismusimpulse gesetzt wurden (siehe GW-UNTERRICHT 52/1993), zog man in St Leonhard erst in den Achtzigerjahren nach. Vor allem der damalige Tiroler Landeshauptmann setzte sich stark für die Erschließung des Mittelberg- und Brunnenkogelferners für den Skilauf ein. ,,Ich bin nicht gewillt, den Vorsitz im Verein zur Erhaltung der Armut im Pitztal zu übernehmen" und ,,vom Rosenkranzbeten allein können die Pitztaler auch nicht leben" sollen zwei seiner legendären Aussprüche gewesen sein. Eine zwar talfremde, aber österreichische Investorengruppe finanzierte mit über 320 Mio. ATS zu Beginn der Achtzigerjahre die Erschließung der beiden Gletscher. Im Dezember 1983 war der ,,Pitzexpress", wie die von Mittelberg in 1 740 m Meereshöhe ausgehende Schrägstollen-Standseilbahn genannt wird, fertig gestellt. Sie bringt die Fahrgäste (Fassungsvermögen pro Zug 180) nach rund 3,8 km in ca. 8 Minuten zur Bergstation in 2 860 m Meereshöhe hinauf Dort befinden sich ein so genanntes Panoramarestaurant und der Ausgangspunkt für eine Reihe weiterer technischer Aufstiegshilfen, darunter die ,,Pitz-Panoramabahn", mit der man über eine Mittelstation in 3 020 m Meereshöhe den 3 440 m hohen Hinteren Brunnen Kogel erreicht. Die ,,Pitz-Panoramabahn", eine Umlaufbahn mit vier Gondelgruppen für jeweils 25 Personen, ist derzeit die höchste Seilbahn in Österreich. Sie wurde im Herbst 1989 in Betrieb genommen. Die maximale Förderkapazität der beiden Bahnen beträgt 1 600 sowie 1 200 Personen pro Stunde. Sie sind praktisch (abgesehen von den Revisionszeiten) ganzjährig in Betrieb. Die präparierte Pistenfläche auf dem Gletscher ist 75 ha groß; auf ihr gibt es 7 km blaue (leichte), 15 km rote (mittel) und 2 km schwarze (schwere) Pisten. Außerdem existiert auf dem Gletscher eine mehrere Kilometer lange Höhen-Langlaufloipe. In den Neunzigerjahren wurde von der ,,Pitztaler Gletscherbahn-Gesellschaft" dann auch das benachbarte Riffelsee-Gebiet modern ausgebaut. Selbstverständlich waren die Betreiber und Investoren der Gletschererschließung für den Pistenskilauf von Anfang an der medialen und politischen Kritik ausgesetzt. Braucht Tirol ein fünftes Gletscherskigebiet8, wurde gefragt. Werden diese sich nicht gegenseitig stark konkurrenzieren? Werden überhaupt genügend Besucher über die lawinengefährdete Straße im Tal anreisen können? Wie wirkt sich (bei Massenbetrieb) die Verschmutzung der Gletscher auf den Wasserhaushalt aus? Wie können die Skifahrer und Besucher in Notsituationen sicher zu Tal gebracht werden? Welchen Wertewandel wird ein ,,Eventtourismus" unter den Einheimischen auslösen? Trotz verschiedenster Bedenken wurde aber gebaut.
Und der Ausbau brachte mehr Gäste ins Tal, wie die Entwicklung der Nächtigungen in St. Leonhard deutlich zeigt.(Abb.4). Auch in anderen Gemeinden im Tal nahmen sie zu. Die Nächtigungen stiegen aber nicht nur absolut auf rund eine halbe Million - im ganzen Pitztal sogar auf mehr als eine Mio.9 -, sondern ihr Schwergewicht verschob sich auch auf das Winterhalbjahr, in dem bekanntlich beim Aufenthalt für den Gast höhere Ausgaben entstehen. Der Anteil der deutschen Gaste ist mit rund 76 Prozent im Winter 2001/02 und 64 Prozent im Sommer 2002 am größten. In St. Leonhard stehen heute für die Touristen rund 4000 Betten zur Verfügung, davon über 2400 in gewerblichen Betrieben (u.a. in 27 Hotels und 7 Gasthöfen sowie zahlreichen Pensionen). Eine lebhafte Bautätigkeit hat die Gemeinde in den Jahren nach der Eröffnung des Gletscherskigebiets erfasst. Sie ist im Siedlungsbild (so zum Beispiel im Ortsteil Mandarfen, wo es schon Platzprobleme gibt) nicht zu übersehen. Über 27 Prozent der Gebäude entstanden in der Gemeinde St. Leonhard erst nach 1981. Vierstern-Hotels wurden gebaut, neue oder generalsanierte Häuser mit Ferienwohnungen ausgestattet, Nebenerwerbsbauern vermieten Gästezimmer; 2 Banken sowie mehrere Geschäfte und Restaurants ließen sich nieder; eine kostenlos zu benutzende Skibuslinie im kilometerweit auseinander gezogenen Siedlungsgebiet der Gemeinde wurde angelegt. Neben der Talstation der Riffelsee-Bahn entstand ein 35 m hoher Eisturm als Herausforderung für eine neue Trendsportart. Zahlreiche Arbeitsplätze entstanden. Größter Arbeitsgeber ist heute die Hotellerie und Freizeitwirtschaft. Allein die Gletscherbahnen beschäftigen ganzjährig ca. 85 Mitarbeiter. Auch die Infrastruktur (u.a. Abwasserentsorgung) und die Lawinenabsicherung auf den Zufahrtstraßen wurden im Tal mit hohem Aufwand verbessert. Die Einnahmen der Gemeinde St. Leonhard (im ordentlichen Haushalt) sind in den letzten zehn Jahren um 194 Prozent auf 3 709 000 € gestiegen, das ergibt eine Pro-Kopf-Quote von 2 772 €; für das ganze Land Tirol betrug diese im gleichen Jahr (2000) 2 311 E. In der Landwirtschaft gab es im Jahr 2000 zwar noch 137 Betriebe, aber nur einen, der ihn als Haupterwerb betrieb.

6. Kommerzielle Interessen im Konflikt mit Naturschutzinteressen
Hat sich also die Erschließung der Gletscherwelt im hintersten Pitztal gelohnt? Ging das Tourismuskonzept von Franz Senn (1831-1884), dem Mitbegründer des Alpenvereins, auf? ,,Der Berg ist in seiner Schönheit und Erlebnisvielfalt nicht Besitz Einzelner, sondern gehört allen, die sich von ihm beschenken lassen. Die im Gebirge lebende Bevölkerung soll den Berg zugänglich machen, die anreisenden Gäste in Quartier nehmen, sie versorgen, beraten und bei Gipfelbesteigungen führen. Als Gegenleistung bezahlen die Gäste aus der Stadt die Dienstleistungen mit barem Geld und sichern damit die dörfliche Existenz". Sind damit die Probleme der ,,Menschen im Tal" gelöst? Teilweise sicher, die wirtschaftliche Not hat der Kommerztourismus bisher im Allgemeinen gelöst. Allerdings sind im Zusammenhang mit ihm andere Probleme entstanden. Im vorliegenden Fall insbesondere mit der Erschließung der Gletscher für den Massenskilauf Unter dem Druck der getätigten Investitionen, der wachsenden Konkurrenz, der Änderung des Freizeitverhaltens sucht man das Gletscherskigebiet zu erweitern (Abb. 5). Bei einer von ISMA-Wien Ende Oktober 2001 im Auftrag des Tourismusverbandes Pitztal im Bezirk Imst telefonisch durchgeführten repräsentativen Befragung von 500 Tirolerinnen und Tirolern ab 14 Jahre gaben auf die Frage Die Pitztaler Gletscherbahn plant aus Sicherheitsgründen eine Talabfahrt und eine zweite Zubringerbahn auf den Pitztaler Gletscher. Halten Sie dieses Vorhaben für eher richtig oder eher falsch? antworteten 57 Prozent der Befragten mit eher richtig, 35 Prozent mir eher falsch, 8 Prozent gaben keine Antwort oder es war ihnen gleichgültig10 .
Auf die zweite Frage Wenn es für eine Region wirtschaftlich notwendig ist, halten Sie dann den maßvollen Ausbau bereits bestehender Gletscherskigebiete im Land Tirol grundsätzlich für eher gerechtfertigt oder eher nicht gerechtfertigt? antworteten 60 Prozent der Befragten eher gerechtfertigt
und 37 Prozent mit eher nicht gerechtfertigt . Übrigens gaben 68 Prozent an, den Gletscher schon besucht zu haben. Bei einer Unterschriftenaktion in der Gemeinde St. Leonhard stimmten mehr als 80 Prozent der Wahlberechtigten für dem Ausbau des Gletscherskigebietes.
Der Alpenverein lehnt die Erschließungspläne im Ötztal ab. P. Haßlacher, Leiter der Fachabteilung Raumplanung/Naturschutz des Oesterreichischen Alpenvereins, schreibt: ,,Gletscher sind besonders typische Elemente der Hochgebirgslandschaft. Sie haben eine äußerst wichtige Funktion für die Sicherung des Wasserhaushaltes. Ihr Schutz ist umso bedeutender, als in den nächsten Jahren mit ihrem dramatischen Rückzug zu rechnen ist. In Tirol hat sie der Landtag bereits 1991 unter Schutz gestellt. Damit wurde eine Bastion gegen die Hochtechnisierung der Alpen errichtet. Auch die österreichische Bundesregierung beschloss 1996 mit dem Nationalen Umweltplan, dass es keine touristischen Neuerschließungen von Gletschern mehr geben soll. In der 2001 unterzeichneten Alpendeklaration der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino wurde die Erweiterung der Gletscherskigebiete ebenfalls abgelehnt. Auch die Seilbahngrundsätze des Landes Tirol 2000-2004 hielten am Gletscherschutz noch fest. Mit der Novellierung des Tiroler Naturschutzgesetzes (TNG) und der Erarbeitung der Seilbahngrundsätze 2004-2008 im Mai 2004 droht jedoch ein Dammbruch. Bei der Novellierung geht es nicht nur um die Anpassung des TNG an das EU-Recht, sondern auch um die Erweiterung der Gletschernutzflächen im Pitz- und im Kaunertal. Mittels Verordnung von so genannten Raumordnungsprogrammen soll es möglich sein, im Bereich bestehender Skigebiete neue Gletscherflächen für den Pistenskilauf festzulegen. Damit aber werden, allen Beteuerungen zum Trotz, für neue Erschließungen Tür und Tor geöffnet und die skitouristische Wachstumsmaschine wieder angekurbelt. Der Zwang zum fortgesetzten Wirtschaftswachstum, die Dynamik der Seilbahnbranche und ihr immer größerer Einfluss machen die Politiker zu Ausführenden und die Seilbahnchefs zu Bestimmenden. Es müssen endlich Endausbaugrenzen gezogen und vom Prinzip der Nachhaltigkeit getragene Regionalentwicklungen eingeleitet werden, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen intensiven und extensiven Tourismusformen anstreben". (Gekürzte Zusammenfassung mehrerer Beiträge ® Schrifttumshinweise)


7. Abbildungsquellen

Abb. 1: Ausschnitt vom Umschlag der Freytag&Bemdt-Karte
Abb. 2: Pitztal-Panorama. Aus Werbeprospekt des Tourismusverbandes Pitztal
Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung in den Pitztaler Gemeinden. Daten Statistik Austria, Grafik WS
Abb. 4: St. Leonhard im Pitztal: Übernachtungen. Daten Statistik Austria Tourismus), Grafik WS
Abb. 5: Bestehende Skigebiete und geplante Gletschererschließungen um und im Ruhegebiet otztaler Alpen. GeAV, Alpenvereinsjahrbuch Berg 2004

8. Schrifttumshinweise
BLASSNIG, K. und R. SCHNEOG (2000): St. Leonhard im Pitztal ~atur und Kultur). OeAV-Reihe Naturkundlicher Führer 8. 152 Seiten.
EHRHARD, B. und W. PECHTL (1985): Menschen im Tal. Bilder und Berichte von kargem Leben, Zur Alltagsgeschichte des Pitztales 1890-1950. (2.Auflage 1990).
HASSLACHER, P. (2003): Schluss mit dem Gletscherschutz? Der Naturschutz hat in den Otztaler Alpen viel zu verlieren. In: Berg 2004 Alpenvereinsjahrbuch, S.28-35.
HASSLACHER, P. (2003): Vademecum Alpenkonvention. 2. Auflage. Innsbruck. 127 Seiten. Gibt es auch als CD-ROM.
HASSLACKER, P. (2004); Der Zankapfel Gletscher. Die geplante Novelle zum Tiroler Naturschutzgesetz erhitzt die Gemüter, die Positionen könnten kaum unterschiedlicher sein. In: SAISON Winter/Frühling
2004.
HUSA, K. und H. WOHLSCHLÄGL (2002): Gletscherschutz versus touristische Erschließung. Das Fallbei-spiel Pitztal/Tirol. In: geographie heute, H. 203, S.40-44.
HENSLER, E. (1975): Das Pitztal. S.233-240. In: Hochwasser und Lawinenschutz in Tirol. Herausgegeben zur ,,Interpraevent 1975" in Innsbruck unter der Redaktion von H. Aulitzky.
MAILÄNDER, N. und L. OBERWALDER (2003): Franz Senn - ein Gründerschicksal. In: Berg 2004 AIpenvereinsjahrbuch, S.60-70.
PINZER, B. und E. (2000): Pitztal. Landschafi, Kultur, Erholungsraum. Innsbruck 211 Seiten. WEBER, M. und L. BRAUN (2004): Gletscherschmelze ohne Ende? Hat der Klimawandel bereits begonnen? In: Alpenverein 1-04, S.16-20.

9. Einige Internetadressn ( 18. 03. 04)

http://tirolatlas.uibk.ac.at/ Enthält außer thematischen Karten vor allem Kurzcharakteristiken der Gemeinden, Zahlenmaterial
und instruktive farbige Landschaftsfotos.
www.tirol.gv.at/ www.alpenverein.at/gletscherbericht.htm
www.alpenverein.or.at/naturschutz www.pitztal.com (Adresse des Pitzaler Tourismusverbandes)
www.statistik.at www.pitztaler-gletscher.at/ (Adresse der Gletscherbahn)
www.tiscover.at/stleonhard

http://www.cipra.de/cipra/aktuell/cipra_positionen/pitztal.html

1 Im Jahrbuch „Berg 2004“ beispielsweise das Blatt Ötztaler Alpen 30/2 Weißkugel.
2 Diese Höhenangabe nach der AV – Karte 30/2. In unseren Schulatlanten meist 3 768 m.
3 Schreibweise der topographischen Bezeichnungen nach der f&b-Karte.
4 Schwaighöfe: Viehhöfe, die vom Grundherren eingerichtet und mit Vieh, Getreide, Salz etc. versorgt wurden und ihm dafür „Käsezins“ (später in Geldzins umgewandelt) entrichteten mussten.
5 Bei der Realteilung wird die gesamte Nutzfläche eines landwirtschaftlichen Betriebes unter allen Erbberechtigten aufgeteilt.
6 „St. Leonhard im Pitztal“ heißt die das ganze innere Pitztal umfassende Gemeinde erst seit 1935, vorher hatte sie die Bezeichnung „Gemeinde Pitztal“.
7 Die Nächtigungen im Winter 2001/02 betrugen in Jerzens 151 050, im Sommer 2002 waren es 61 837.
8 Ab 1969 Zillertal (Tuxerferner), 1973 Hochstubai (Daunkogel-, Schaufel-, Fernauferner), 1975 Sölden (Rettenbach- und Tiefenbachferner), 1980 Kaunertal (Weißseeferner).
9 Wenn man in einer sehr groben Überschlagsrechnung Tagesausgaben von rund 100€ pro Gast annimmt, so geben die Touristen allein in St. Leonhard rund 50 000 000 €, im ganzen Tal ca. 100 000 000 € im Jahr aus. Beträge, die freilich nicht in dieser Größe dort bleiben, die aber doch die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus zumindest erahnen lassen.
10 Sowohl die (teilweise blaue, teilweise rote) Talabfahrt als auch die geplante Seilbahn (von Mittelberg auf den Linken Ferner Kogel) gab es 2003/04 wegen Einspruchs des Landesumweltanwalts noch nicht; sie können jedoch interaktiv auf der Webseite www.pitztaler-gletscher.at/projekte auf einem Panoramabild besichtigt werden. Kosten ca. 18,1 Mio.€ .