Wolfgang Sitte
Probleme um das Pitztaler Gletscherskigebiet
Aus: GW-Unterricht Nr.94 (2004) S.XX - XX
Inhaltsverzeichnis
1. Zur Freytag-Berndt-Karte
Der Kartenausschnitt stammt aus der f&b-Wanderkarte
WK 251 Ötztal - Pitztal - Kaunerial -Wildspitze, Maßstab 1
: 50 000. Das 110 cm (Höhe) x 75 cm (Breite) große Blatt reicht
im Norden bis Imst und im Süden bis zum Weißkugel-Hohe Wilde-Kamm,
der die Staatsgrenze zwischen Österreich und Italien bildet. Im Westen
ist noch das Kaunertal auf dem Blatt zu sehen, im Osten das Gebiet um
die Dresdner Hütte in den Stubaier Alpen sowie das Sellrain. Da das
Blatt die gesamten Ötztaler Alpen und einen Teil der Stubaier umfasst,
ist es ideal für die Planung von Wandertouren dort, wobei die eingetragenen
Wegmarkierungen und Schutzhütten helfen. Ein der Karte
beigegebener Kurzführer informiert knapp über Gehzeiten, Weitwanderwege
und enthält einen Index der GPS-Punkte. Er ersetzt allerdings nicht
spezielle Gebietsführer. Außerdem sollten bei hochalpinen Touren
im Gletscherbereich die entsprechenden ausgezeichneten Karten des Alpenvereines'
(im Maßstab 1: 25 000) verwendet werden.
2. Das innere Pitztal - ein extremer Hochalpenraum
Das Pitztal ist eines jener drei großen Täler,
die aus den Ötztaler Alpen nach Norden ziehen. Es ist etwa 40 km
lang und mündet bei Arzl in rund 700 m Meereshöhe mit einer
Schluchtstrecke in den Inn. Die das Tal entwässernde Pitze kommt
aus dem Raum nördlich der Wildspitze, die mit 3 770 m 2 der höchste
Berg der Ötztaler Alpen ist. Die Pitze entspringt aus dem Mittelbergferner,
der um die Mitte des 19. Jhs., wie man an seiner damaligen Endmoräne
noch heute erkennen kann, in 1 795 m Meereshöhe endete. Seither zog
er sich stark zurück. Wichtigster Zubringer der Pitze ist der knapp
unterhalb Mittelbergs in sie einmündende, vom Taschachferner kommende
Taschach Bach3. Der natürliche Abfluss der Pitze, der von der Schnee-
und Gletscherschmelze in ihrem hochgelegenen Einzugsgebiet beeinflusst
wird, ist in den Sommermonaten am höchsten. Er wird heute allerdings
erheblich geschmälert. Bereits im obersten Talabschnitt in ca. 1
800 m Meereshöhe wird ihr Wasser sowie das des Taschach Baches gefasst
und durch einen ca. 11 km langen Überleitungsstollen zum Gepatseh-Speicher
im benachbarten Kaunertal gebracht. Eine zweite Ableitung (sie liegt außerhalb
unseres Kartenausschnittes) am Ausgang des Pitztales bei Wenns führt
dann den restlichen Abfluss der Pitze (zum Teil) dem Innkraftwerk in der
Imsterau zu. Infolge dieser Eingriffe büßte die Pitze ihren
Wildbachcharakter stark ein, andererseits aber wurde (zusammen mit Schutzbaumaßnahmen)
dadurch die Hochwassergefahr im Tal vermindert.
Das Pitztal (Abb.2) besteht aus zwei sehr unterschiedlichen
Abschnitten. Der nördliche Teil -wahrscheinlich eine alte Furche
des Inn über den Pillersattel - ist breit, offen und klimatisch begünstigt.
Er umfasst die Gemeinden Arzl, Wenns und Jerzens, in denen heute auf 89
km2 rund 5 700 Einwohner meist in Haufensiedlungen leben. Hier nimmt das
Dauersiedlungsland ca. 21 Prozent der Fläche ein. Etwa ab Jerzens
setzt dann nach einem schluchtartigen Abschnitt das innere, das eigentliche
Pitztal an. Seine steilen Flanken und Wände ziehen zu den schutterfüllten
hochgelegenen Karen und Gipfeln des Geigenkammes im Osten und des Kaunergrates
im Westen hinauf Muren und Lawinen bedrohen den von Schwemmkegeln eingeengten
kargen Talboden. Die sich hier erstreckende Gemeinde St. Leonhard ist
mit 223 km2 eine der größten in Tirol. Ihr Dauersiedlungsraum
beträgt nicht ganz 3 Prozent, dagegen nimmt das so genannte Ödland
(Gewässer, Geröll, Felsen und Gletscher) in ihr zwei Drittel
der Gemeindefläche ein. Die meisten Siedlungen liegen zwischen 1
200 m und 1 740 m Meereshöhe viele empfangen im Winter keinen oder
nur 1 bis 2 Stunden lang Sonnenschein.
Das innere Pitztal wurde als Schwaighöfegebiet4 im Mittelalter erschlossen
und entwickelte sich in der Neuzeit (vor allem nach dem Auslaufen der
Grundherrschaft) zu einem typischen Notstandsgebiet. Ausschlaggebend dafür
war neben den extremen Naturbedingungen des hochalpinen Tales vor allem
die jahrhundertlange Güterteilung5, die zur Aufsplitterung der bäuerlichen
Besitzflächen führte. Infolge wachsender Bevölkerungszahl
wurde es für die kinderreichen Familien immer schwieriger, ihren
Nahrungsmittelbedarf aus Eigenem zu decken. Nebenbeschäftigungsmöglichkeiten
gab es in dem abgelegenen Tal fast nicht. Daher blieb nur die Auswanderung
oder die Saisonarbeit in der Fremde als Lösung. Während des
19. Jhs. soll etwa die Hälfte aller Männer, viele unverheiratete
Frauen sowie auch Kinder von 9 bis 15 Jahren jährlich in den Sommermonaten
außerhalb des Tals gearbeitet haben.
3. Zur Bevölkerungsentwicklung
Abb. 3 zeigt anhand der Daten der Volkszählung,
dass erst in den Dreißigerjahren des 20. Jhs. eine leichte, nach
den Zweiten Weltkrieg aber dann eine relativ starke Zunahme der Bevölkerung
in allen Pitztaler Gemeinden einsetzte. Während Arzl und Wenns vor
allem von der Nachbarschaft zum prosperierenden Imstergebiet profitierten,
(sie haben die höchsten Auspendlerzahlen), bewirkte in Jerzens und
St. Leonhard in erster Linie der Tourismus den Anstieg, weil die Abwanderung
dort bei zunehmenden Arbeitsplätzen zurückging.
4. Die verkehrsmäßige Erschließung
unterstützt die Anfänge des Tourismus
Im Vergleich zu anderen Tiroler Tälern ist die
prachtvolle Bergwelt rund ums Pitztal erst verhältnismäßig
spät entdeckt und erschlossen worden. K. Sonklar berichtet 1861,
dass damals nicht einmal die Namen der großen Gletscher in der Fachliteratur
bekannt waren. Sicherlich hing das u.a. auch mit der schwierigen Erreichbarkeit
zusammen. Sie besserte sich zwar etwas nach der Eröffnung der Arlbergbahn
im Jahr 1884, beim Fehlen einer Fahrstraße in und durch das Tal
brauchte man aber auf dem Ochsenweg zu Fuß von Imst bis Mittelberg
9 1/2 Stunden. Ab 1923 konnte man mit dem Auto wenigstes bis Wenns fahren,
1933 wird die Straße dann bis St. Leonhard6 fertig gestellt, aber
erst ab 1956 war Mittelberg, die letzte Siedlung im Tal, auch mit dem
Auto zu erreichen. Vor und nach dem Ersten Weltkrieg waren es vor allem
Bergsteiger, die im Sommer zu Besuch kamen. Sie heuerten Führer und
Träger an, nächtigten in den wenigen und bescheidenen Talunterkünften
bzw. in den von deutschen Sektionen des Alpenvereins mit Pitztaler Arbeitern
errichteten Schutzhütten (Taschach Haus 1874, Braunschweiger Hütte
1892, Riffelsee Hütte 1939). Zaghaft entwickelte sich dann auch in
den Zwanziger- und Dreißigerjahren - unterbrochen durch die von
Hitler über Österreich verhängte Tausendmark-Sperre und
den Zweiten Weltkrieg - die so genannte ,,Sommerfrische".
Die Armut aber blieb und wurde teilweise so drückend, dass 1937 mit
Unterstützung der Landesregierung ein Hilfsausschuss für das
innere Pitztal gebildet wurde, um den kinderreichen Bergbauernfamilien
in ihrer trostlosen Lage mit Sachspenden wenigstens etwas zu helfen.
5. Die Errichtung des Pitztaler Gletscherskigebietes
als Take-off
Obwohl auch das Pitztal den ,,Fremdenverkehr"
als zusätzliche Einnahmequelle entdeckte und nach dem Zweiten Weltkrieg
diesbezüglich auch eine leichte Steigerung eintrat, blieb der Ausbau
seiner Einrichtungen im inneren Pitztal hinter der allgemeinen Entwicklung
zurück. Während in Jerzens7, der ehemaligen Bergbauerngemeinde,
schon seit den Sechzigerjahren mit der Erschließung des Hochzeiger-Skigebietes
und dem Ausbau der Gastronomie kräftige Tourismusimpulse gesetzt
wurden (siehe GW-UNTERRICHT 52/1993), zog man in St Leonhard erst in den
Achtzigerjahren nach. Vor allem der damalige Tiroler Landeshauptmann setzte
sich stark für die Erschließung des Mittelberg- und Brunnenkogelferners
für den Skilauf ein. ,,Ich bin nicht gewillt, den Vorsitz im Verein
zur Erhaltung der Armut im Pitztal zu übernehmen" und ,,vom
Rosenkranzbeten allein können die Pitztaler auch nicht leben"
sollen zwei seiner legendären Aussprüche gewesen sein. Eine
zwar talfremde, aber österreichische Investorengruppe finanzierte
mit über 320 Mio. ATS zu Beginn der Achtzigerjahre die Erschließung
der beiden Gletscher. Im Dezember 1983 war der ,,Pitzexpress", wie
die von Mittelberg in 1 740 m Meereshöhe ausgehende Schrägstollen-Standseilbahn
genannt wird, fertig gestellt. Sie bringt die Fahrgäste (Fassungsvermögen
pro Zug 180) nach rund 3,8 km in ca. 8 Minuten zur Bergstation in 2 860
m Meereshöhe hinauf Dort befinden sich ein so genanntes Panoramarestaurant
und der Ausgangspunkt für eine Reihe weiterer technischer Aufstiegshilfen,
darunter die ,,Pitz-Panoramabahn", mit der man über eine Mittelstation
in 3 020 m Meereshöhe den 3 440 m hohen Hinteren Brunnen Kogel erreicht.
Die ,,Pitz-Panoramabahn", eine Umlaufbahn mit vier Gondelgruppen
für jeweils 25 Personen, ist derzeit die höchste Seilbahn in
Österreich. Sie wurde im Herbst 1989 in Betrieb genommen. Die maximale
Förderkapazität der beiden Bahnen beträgt 1 600 sowie 1
200 Personen pro Stunde. Sie sind praktisch (abgesehen von den Revisionszeiten)
ganzjährig in Betrieb. Die präparierte Pistenfläche auf
dem Gletscher ist 75 ha groß; auf ihr gibt es 7 km blaue (leichte),
15 km rote (mittel) und 2 km schwarze (schwere) Pisten. Außerdem
existiert auf dem Gletscher eine mehrere Kilometer lange Höhen-Langlaufloipe.
In den Neunzigerjahren wurde von der ,,Pitztaler Gletscherbahn-Gesellschaft"
dann auch das benachbarte Riffelsee-Gebiet modern ausgebaut. Selbstverständlich
waren die Betreiber und Investoren der Gletschererschließung für
den Pistenskilauf von Anfang an der medialen und politischen Kritik ausgesetzt.
Braucht Tirol ein fünftes Gletscherskigebiet8, wurde gefragt. Werden
diese sich nicht gegenseitig stark konkurrenzieren? Werden überhaupt
genügend Besucher über die lawinengefährdete Straße
im Tal anreisen können? Wie wirkt sich (bei Massenbetrieb) die Verschmutzung
der Gletscher auf den Wasserhaushalt aus? Wie können die Skifahrer
und Besucher in Notsituationen sicher zu Tal gebracht werden? Welchen
Wertewandel wird ein ,,Eventtourismus" unter den Einheimischen auslösen?
Trotz verschiedenster Bedenken wurde aber gebaut.
Und der Ausbau brachte mehr Gäste ins Tal, wie die Entwicklung der
Nächtigungen in St. Leonhard deutlich zeigt.(Abb.4). Auch in anderen
Gemeinden im Tal nahmen sie zu. Die Nächtigungen stiegen aber nicht
nur absolut auf rund eine halbe Million - im ganzen Pitztal sogar auf
mehr als eine Mio.9 -, sondern ihr Schwergewicht verschob sich auch auf
das Winterhalbjahr, in dem bekanntlich beim Aufenthalt für den Gast
höhere Ausgaben entstehen. Der Anteil der deutschen Gaste ist mit
rund 76 Prozent im Winter 2001/02 und 64 Prozent im Sommer 2002 am größten.
In St. Leonhard stehen heute für die Touristen rund 4000 Betten zur
Verfügung, davon über 2400 in gewerblichen Betrieben (u.a. in
27 Hotels und 7 Gasthöfen sowie zahlreichen Pensionen). Eine lebhafte
Bautätigkeit hat die Gemeinde in den Jahren nach der Eröffnung
des Gletscherskigebiets erfasst. Sie ist im Siedlungsbild (so zum Beispiel
im Ortsteil Mandarfen, wo es schon Platzprobleme gibt) nicht zu übersehen.
Über 27 Prozent der Gebäude entstanden in der Gemeinde St. Leonhard
erst nach 1981. Vierstern-Hotels wurden gebaut, neue oder generalsanierte
Häuser mit Ferienwohnungen ausgestattet, Nebenerwerbsbauern vermieten
Gästezimmer; 2 Banken sowie mehrere Geschäfte und Restaurants
ließen sich nieder; eine kostenlos zu benutzende Skibuslinie im
kilometerweit auseinander gezogenen Siedlungsgebiet der Gemeinde wurde
angelegt. Neben der Talstation der Riffelsee-Bahn entstand ein 35 m hoher
Eisturm als Herausforderung für eine neue Trendsportart. Zahlreiche
Arbeitsplätze entstanden. Größter Arbeitsgeber ist heute
die Hotellerie und Freizeitwirtschaft. Allein die Gletscherbahnen beschäftigen
ganzjährig ca. 85 Mitarbeiter. Auch die Infrastruktur (u.a. Abwasserentsorgung)
und die Lawinenabsicherung auf den Zufahrtstraßen wurden im Tal
mit hohem Aufwand verbessert. Die Einnahmen der Gemeinde St. Leonhard
(im ordentlichen Haushalt) sind in den letzten zehn Jahren um 194 Prozent
auf 3 709 000 € gestiegen, das ergibt eine Pro-Kopf-Quote von 2 772
€; für das ganze Land Tirol betrug diese im gleichen Jahr (2000)
2 311 E. In der Landwirtschaft gab es im Jahr 2000 zwar noch 137 Betriebe,
aber nur einen, der ihn als Haupterwerb betrieb.
6. Kommerzielle Interessen im Konflikt mit
Naturschutzinteressen
Hat sich also die Erschließung der Gletscherwelt
im hintersten Pitztal gelohnt? Ging das Tourismuskonzept von Franz Senn
(1831-1884), dem Mitbegründer des Alpenvereins, auf? ,,Der Berg ist
in seiner Schönheit und Erlebnisvielfalt nicht Besitz Einzelner,
sondern gehört allen, die sich von ihm beschenken lassen. Die im
Gebirge lebende Bevölkerung soll den Berg zugänglich machen,
die anreisenden Gäste in Quartier nehmen, sie versorgen, beraten
und bei Gipfelbesteigungen führen. Als Gegenleistung bezahlen die
Gäste aus der Stadt die Dienstleistungen mit barem Geld und sichern
damit die dörfliche Existenz". Sind damit die Probleme der ,,Menschen
im Tal" gelöst? Teilweise sicher, die wirtschaftliche Not hat
der Kommerztourismus bisher im Allgemeinen gelöst. Allerdings sind
im Zusammenhang mit ihm andere Probleme entstanden. Im vorliegenden Fall
insbesondere mit der Erschließung der Gletscher für den Massenskilauf
Unter dem Druck der getätigten Investitionen, der wachsenden Konkurrenz,
der Änderung des Freizeitverhaltens sucht man das Gletscherskigebiet
zu erweitern (Abb. 5). Bei einer von ISMA-Wien Ende Oktober 2001 im Auftrag
des Tourismusverbandes Pitztal im Bezirk Imst telefonisch durchgeführten
repräsentativen Befragung von 500 Tirolerinnen und Tirolern ab 14
Jahre gaben auf die Frage Die Pitztaler Gletscherbahn plant aus Sicherheitsgründen
eine Talabfahrt und eine zweite Zubringerbahn auf den Pitztaler Gletscher.
Halten Sie dieses Vorhaben für eher richtig oder eher falsch? antworteten
57 Prozent der Befragten mit eher richtig, 35 Prozent mir eher falsch,
8 Prozent gaben keine Antwort oder es war ihnen gleichgültig10 .
Auf die zweite Frage Wenn es für eine Region wirtschaftlich notwendig
ist, halten Sie dann den maßvollen Ausbau bereits bestehender Gletscherskigebiete
im Land Tirol grundsätzlich für eher gerechtfertigt oder eher
nicht gerechtfertigt? antworteten 60 Prozent der Befragten eher gerechtfertigt
und 37 Prozent mit eher nicht gerechtfertigt . Übrigens gaben 68
Prozent an, den Gletscher schon besucht zu haben. Bei einer Unterschriftenaktion
in der Gemeinde St. Leonhard stimmten mehr als 80 Prozent der Wahlberechtigten
für dem Ausbau des Gletscherskigebietes.
Der Alpenverein lehnt die Erschließungspläne im Ötztal
ab. P. Haßlacher, Leiter der Fachabteilung Raumplanung/Naturschutz
des Oesterreichischen Alpenvereins, schreibt: ,,Gletscher sind besonders
typische Elemente der Hochgebirgslandschaft. Sie haben eine äußerst
wichtige Funktion für die Sicherung des Wasserhaushaltes. Ihr Schutz
ist umso bedeutender, als in den nächsten Jahren mit ihrem dramatischen
Rückzug zu rechnen ist. In Tirol hat sie der Landtag bereits 1991
unter Schutz gestellt. Damit wurde eine Bastion gegen die Hochtechnisierung
der Alpen errichtet. Auch die österreichische Bundesregierung beschloss
1996 mit dem Nationalen Umweltplan, dass es keine touristischen Neuerschließungen
von Gletschern mehr geben soll. In der 2001 unterzeichneten Alpendeklaration
der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino wurde die Erweiterung der
Gletscherskigebiete ebenfalls abgelehnt. Auch die Seilbahngrundsätze
des Landes Tirol 2000-2004 hielten am Gletscherschutz noch fest. Mit der
Novellierung des Tiroler Naturschutzgesetzes (TNG) und der Erarbeitung
der Seilbahngrundsätze 2004-2008 im Mai 2004 droht jedoch ein Dammbruch.
Bei der Novellierung geht es nicht nur um die Anpassung des TNG an das
EU-Recht, sondern auch um die Erweiterung der Gletschernutzflächen
im Pitz- und im Kaunertal. Mittels Verordnung von so genannten Raumordnungsprogrammen
soll es möglich sein, im Bereich bestehender Skigebiete neue Gletscherflächen
für den Pistenskilauf festzulegen. Damit aber werden, allen Beteuerungen
zum Trotz, für neue Erschließungen Tür und Tor geöffnet
und die skitouristische Wachstumsmaschine wieder angekurbelt. Der Zwang
zum fortgesetzten Wirtschaftswachstum, die Dynamik der Seilbahnbranche
und ihr immer größerer Einfluss machen die Politiker zu Ausführenden
und die Seilbahnchefs zu Bestimmenden. Es müssen endlich Endausbaugrenzen
gezogen und vom Prinzip der Nachhaltigkeit getragene Regionalentwicklungen
eingeleitet werden, die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen intensiven
und extensiven Tourismusformen anstreben". (Gekürzte Zusammenfassung
mehrerer Beiträge ® Schrifttumshinweise)
7. Abbildungsquellen
Abb. 1: Ausschnitt vom Umschlag der Freytag&Bemdt-Karte
Abb. 2: Pitztal-Panorama. Aus Werbeprospekt des Tourismusverbandes Pitztal
Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung in den Pitztaler Gemeinden. Daten
Statistik Austria, Grafik WS
Abb. 4: St. Leonhard im Pitztal: Übernachtungen. Daten Statistik
Austria Tourismus), Grafik WS
Abb. 5: Bestehende Skigebiete und geplante Gletschererschließungen
um und im Ruhegebiet otztaler Alpen. GeAV, Alpenvereinsjahrbuch Berg 2004
8. Schrifttumshinweise
BLASSNIG, K. und R. SCHNEOG (2000): St. Leonhard im
Pitztal ~atur und Kultur). OeAV-Reihe Naturkundlicher Führer 8. 152
Seiten.
EHRHARD, B. und W. PECHTL (1985): Menschen im Tal. Bilder und Berichte
von kargem Leben, Zur Alltagsgeschichte des Pitztales 1890-1950. (2.Auflage
1990).
HASSLACHER, P. (2003): Schluss mit dem Gletscherschutz? Der Naturschutz
hat in den Otztaler Alpen viel zu verlieren. In: Berg 2004 Alpenvereinsjahrbuch,
S.28-35.
HASSLACHER, P. (2003): Vademecum Alpenkonvention. 2. Auflage. Innsbruck.
127 Seiten. Gibt es auch als CD-ROM.
HASSLACKER, P. (2004); Der Zankapfel Gletscher. Die geplante Novelle zum
Tiroler Naturschutzgesetz erhitzt die Gemüter, die Positionen könnten
kaum unterschiedlicher sein. In: SAISON Winter/Frühling
2004.
HUSA, K. und H. WOHLSCHLÄGL (2002): Gletscherschutz versus touristische
Erschließung. Das Fallbei-spiel Pitztal/Tirol. In: geographie heute,
H. 203, S.40-44.
HENSLER, E. (1975): Das Pitztal. S.233-240. In: Hochwasser und Lawinenschutz
in Tirol. Herausgegeben zur ,,Interpraevent 1975" in Innsbruck unter
der Redaktion von H. Aulitzky.
MAILÄNDER, N. und L. OBERWALDER (2003): Franz Senn - ein Gründerschicksal.
In: Berg 2004 AIpenvereinsjahrbuch, S.60-70.
PINZER, B. und E. (2000): Pitztal. Landschafi, Kultur, Erholungsraum.
Innsbruck 211 Seiten. WEBER, M. und L. BRAUN (2004): Gletscherschmelze
ohne Ende? Hat der Klimawandel bereits begonnen? In: Alpenverein 1-04,
S.16-20.
9. Einige Internetadressn ( 18. 03. 04)
http://tirolatlas.uibk.ac.at/ Enthält außer thematischen
Karten vor allem Kurzcharakteristiken der Gemeinden, Zahlenmaterial
und instruktive farbige Landschaftsfotos.
www.tirol.gv.at/ www.alpenverein.at/gletscherbericht.htm
www.alpenverein.or.at/naturschutz www.pitztal.com (Adresse des Pitzaler
Tourismusverbandes)
www.statistik.at www.pitztaler-gletscher.at/ (Adresse der Gletscherbahn)
www.tiscover.at/stleonhard
http://www.cipra.de/cipra/aktuell/cipra_positionen/pitztal.html
1 Im Jahrbuch „Berg 2004“ beispielsweise
das Blatt Ötztaler Alpen 30/2 Weißkugel.
2 Diese Höhenangabe nach der AV – Karte 30/2. In unseren Schulatlanten
meist 3 768 m.
3 Schreibweise der topographischen Bezeichnungen nach der f&b-Karte.
4 Schwaighöfe: Viehhöfe, die vom Grundherren eingerichtet und
mit Vieh, Getreide, Salz etc. versorgt wurden und ihm dafür „Käsezins“
(später in Geldzins umgewandelt) entrichteten mussten.
5 Bei der Realteilung wird die gesamte Nutzfläche eines landwirtschaftlichen
Betriebes unter allen Erbberechtigten aufgeteilt.
6 „St. Leonhard im Pitztal“ heißt die das ganze innere
Pitztal umfassende Gemeinde erst seit 1935, vorher hatte sie die Bezeichnung
„Gemeinde Pitztal“.
7 Die Nächtigungen im Winter 2001/02 betrugen in Jerzens 151 050,
im Sommer 2002 waren es 61 837.
8 Ab 1969 Zillertal (Tuxerferner), 1973 Hochstubai (Daunkogel-, Schaufel-,
Fernauferner), 1975 Sölden (Rettenbach- und Tiefenbachferner), 1980
Kaunertal (Weißseeferner).
9 Wenn man in einer sehr groben Überschlagsrechnung Tagesausgaben
von rund 100€ pro Gast annimmt, so geben die Touristen allein in
St. Leonhard rund 50 000 000 €, im ganzen Tal ca. 100 000 000 €
im Jahr aus. Beträge, die freilich nicht in dieser Größe
dort bleiben, die aber doch die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus
zumindest erahnen lassen.
10 Sowohl die (teilweise blaue, teilweise rote) Talabfahrt als auch die
geplante Seilbahn (von Mittelberg auf den Linken Ferner Kogel) gab es
2003/04 wegen Einspruchs des Landesumweltanwalts noch nicht; sie können
jedoch interaktiv auf der Webseite www.pitztaler-gletscher.at/projekte
auf einem Panoramabild besichtigt werden. Kosten ca. 18,1 Mio.€ .
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