Biomasse |
Biomasse = die gesamte durch Lebewesen anfallende organische Substanz, z.B. in einem See
Bislang sind die Pflanzen die einzigen Lebewesen, die einen substantiellen Teil der Sonnenenergie ausnutzen können. Aus diesem Grunde gibt es Vorhaben, durch entsprechende Züchtungen, den Wirkungsgrad, mit dem Sonnenenergie in Biomasse umgewandelt wird, zu erhöhen. Die Ausnutzung der Lichtenergie errechnet sich, indem man die durch Photosynthese entstehende pflanzliche Trockenmasse, der sogenannten (trockenen) Biomasse, als polymere Kohlenhydrate auffasst. Für eine Abschätzung ist dies ausreichend, da das Pflanzenmaterial bis zu über 90 % aus C, H und O besteht (5-10 % sind Stickstoff und Mineralstoffe). 1 g trockener Biomasse entspricht 17 kJ. Zur Synthese von 1 kg (trockener) Biomasse benötigen höhere Pflanzen (Kulturpflanzen) 300 – 800 kg Wasser, das durch Wurzeln aufgenommen und aus den Blättern verdunstet wird, wozu Wärme (Sonnenstrahlung) erforderlich ist. Durch die Photosynthese aller Land- und Wasserpflanzen werden pro Jahr etwa 1,7 x 1011 t Biomasse aufgebaut. Der Energieinhalt der Biomasse ist 3 x 1021 J und entspricht etwa dem 10-fachen des derzeitigen Weltenergieverbrauchs pro Jahr. Aus diesem Grunde ist es verständlich, wenn gegenwärtig in vielen Ländern untersucht wird, inwieweit die Photosynthese als Energiegewinnungsprozess einen Beitrag zur Energieversorgung leisten kann.
Historischer Aspekt
In den Anfängen bestand die Atmosphäre unseres Planeten aus Methan(CH4),
Wasserdampf(H2O) und Ammoniak(NH3). Die energiereiche
ultraviolette Strahlung im Sonnenlicht zerbrach diese Gasverbindungen, indem sie
die Wasserstoffatome aus diesen Verbindungen absprengte. Der Wasserstoff,
wesentlich leichter als die anderen Elemente, verflüchtigte sich ins Weltall,
zurück blieben in der Erdatmosphäre Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff.
Kohlenstoff und Sauerstoff verbanden sich zu Kohlendioxid(CO2) und
der Stickstoff blieb alleine. Diese CO2-Atmosphäre ist heute noch
auf unseren Nachbarplaneten Venus vorhanden.
Algen im Urmeer und später Pflanzen am Land haben mit Hilfe der Sonne das
Kohlendioxid der Luft in seine Bestandteile Kohlenstoff und Sauerstoff zerlegt.
Dabei haben die Pflanzen den Kohlenstoff zum Aufbau ihrer Körpersubstanz
benutzt und den freigewordenen Sauerstoff in die Atmosphäre zurück gegeben.
Abgestorbene Pflanzen verrotten und oxidieren wieder zu Kohlendioxid. Ein
geschlossener Kreislauf zwischen Pflanzen und Kohlendioxid wäre möglich, ohne
dass sich wesentliche Mengen Sauerstoff in der Atmosphäre ansammeln. Das
Kohlendioxid der Atmosphäre ging zur Neige, weil dem Kreislauf Kohlenstoff
entzogen wurde. Abgestorbene pflanzliche und tierische Meeresorganismen sanken
auf den Meeresboden ab, wurden von Schlamm zugedeckt, luftdicht abgeschlossen
und von Bakterien in Öl und Gas umgewandelt. Kohle ist aus untergegangenen Wäldern
entstanden. Das Ergebnis: ausgelagerter Kohlenstoff in Öl-, Gas und Kohlelagern
auf der einen Seite und auf der anderen ein Lufthülle mit 20 %
Sauerstoffgehalt.
Bereits seit Millionen von Jahren dreht sich der Kreislauf, aus Sonne und CO2
wird Biomasse, aus Biomasse wird Energie und CO2, aus Sonne und CO2
wird Biomasse ...
Wirkungsgrad
Global betrachtet ist der Wirkungsgrad beim Aufbau von Biomasse durch
Photosynthese nicht groß. Ein Grund hierfür ist unter anderem die Tatsache,
dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre mit 0,03 Vol-% wesentlich
geringer ist, als er für einen optimalen Photosyntheseprozess notwendig wäre.
Auf der Landfläche wird nur 0,3 %, in den Meeren nur 0,07 % der
Strahlungsenergie in chemisch gebundene Energie (in Form von Biomasse) übergeführt.
Für die gesamte Erde ergibt sich ein Wirkungsgrad von 0,12 %.
Pflanzliche Substanzbildung
Die Fähigkeit einzelner Ökosysteme zur pflanzlichen Substanzbildung ist
sehr unterschiedlich ausgeprägt.
Ein typischer Wert für die pflanzliche Substanzbildung an (trockener)
Biomasse:
Tropischer Wald 2,0 kg/m2 pro Jahr
(bei einer Gesamtfläche auf der Erde von 20 x 106 km2
sind dies 40 x 109t pro Jahr).
Kein technischer Produktionsprozess auf der Erde erzielt auch nur annähernd
vergleichbare Größenordnungen.
Durch geeignete Kulturpflanzen und moderne Landwirtschaft (z.B. gute
Wasserversorgung und Düngung) kann die Effektivität für pflanzliche
Substanzbildung erhöht werden. In gemäßigten Klimazonen kann zum Beispiel –
je nach Pflanzenart – pro Quadratmeter und Tag folgende pflanzliche
Substanzbildung erzielt werden: für Getreide um 20 g, für Zuckerrüben 28 bis
31 g, für Mais (in den USA) 50 g. Bei Mais wird 1,3 % der Strahlungsenergie in
chemisch gebundene Energie übergeführt, das heißt, der Wirkungsgrad beträgt
hier immerhin 1,3 %.
Dabei ist aber zu bedenken, dass intensive Landwirtschaft
ein technisch aufwendiger und energieintensiver Prozess ist. So zum Beispiel ist
nur Erzeugung einer Biomasse mit dem Energieäquivalent von 6 J bis 9 J in den
entwickelten Agrarländern des Westens bereits 1 J erforderlich. Bezogen auf die
Maiserzeugung betrug zum Beispiel in den USA das Verhältnis von aufgewendeter
Energie zu landwirtschaftlich erzeugter Energie im Jahre 1940 etwa 1 : 4,
dagegen stieg es bis zum Jahre 1970 auf 1 : 2,8 an. Eine ähnliche Entwicklung
ist auch bei anderen Produkten wie zum Beispiel Sojabohnen und Kartoffeln
festzustellen.
Wirtschaftlichkeit
Zu den Pflanzen, die die Sonnenenergie mit einem relativ hohen Wirkungsgrad in
Biomasse umzuwandeln vermögen, gehören zum Beispiel rasch wachsende Baumarten
(Pappeln) und Zuckerrohr. Es gibt Planungen, durch Anbau geeigneter Pflanzen im
Großen (energy farming), Biomasse zu erzeugen, die dann als Energierohstoff
oder als Rohstoff für Kunststoffprodukte verwendet werden kann. Die forcierte
Erzeugung von Biomasse alleine unter energetischen Gesichtspunkten hat sich
bisher im Allgemeinen noch nicht als wirtschaftlich erwiesen. Der große
Nachteil der nachwachsenden Biomasse im Vergleich zu den fossilen
Energierohstoffen
besteht im Wesentlichen in dem geringen spezifischen Energieinhalt (wegen des
relativ hohen Wasser- und Sauerstoffgehalts der Pflanzen) sowie in dem großen
Flächenbedarf bei Erzeugung von Biomasse (wegen des relativ geringen Ertrages
pro Flächeneinheit). Dies führt zu einem erheblichen Sammel- und
Transportaufwand.
Diese Verfahren haben sich bisher nicht als wirtschaftlich erwiesen. Außerdem
ist einzuwenden, dass die gleichen Flächen für die Produktion von
Nahrungsmitteln wohl dringender benötigt werden als zur Erzeugung von Energieträgern.
Energiefarmen (energy
farming)
Die Einrichtung spezieller Energiefarmen (energy farming) scheint aus den
aufgeführten Gründen – insbesondere für die dichtbesiedelten
Industriestaaten – wenig aussichtsreich zu sein. Die energetische Nutzung von
Biomasse dürfte dagegen dort zweckmäßig sein, wo aus anderen Gründen große
Mengen an Biomasse anfallen. Dies gilt zum Beispiel für die Müllbeseitigung in
Ballungszentren oder für die Nutzung von Abfällen aus land- und
forstwirtschaftlicher Produktion. Insbesondere scheint die energetische Nutzung
von land- und forstwirtschaftlichen Abfällen in Entwicklungsländern mit
fehlender oder geringer Infrastruktur aussichtsreich zu sein.
Beispiele zur Nutzung von Biomasseanlagen
In vielen kleineren Gemeinden wurden bereits Projekte realisiert, in
denen man Biomasse für Heizzwecke verwendet.
In Pfarrwerfen in Salzburg wurde eine Biomasseanlage gebaut, die Holzabfälle
als Rohstoff zur Stromerzeugung verwendet. Die ganze Gemeinde kann mit Strom
versorgt werden.
In Bockfließ im niederösterreichischen Marchfeld wird Stroh zur Stromgewinnung
verwendet.
In Wildon wurde das erste steirische Heizwerk, das mit Holzabfällen betrieben
wird, errichtet. Bereits 75 Projekte sind in der Steiermark gefolgt. In Wildon
wird der gesamte Ort zu 70 % mit Energie aus Biomasse versorgt. Im Winter konnte
die Schadstoffmenge um 90 % gesenkt werden. Im ehemaligen kalorischen Kraftwerk
St. Andrä in Kärnten, das früher auf Braunkohlenbasis arbeitete, wird
versuchsweise aus Holzabfällen Fernwärme erzeugt. Gelingt das Experiment, könnte
ein zukunftsweisender Weg für alle österreichischen Wärmekraftwerke
vorgezeigt werden.
Verfahren zur energetischen Nutzung von
Biomasse
Biogas ist ein stark methanhaltiges Gas, das bei der anaeroben
Zersetzung (Fäulnisvorgang unter Luftabschluss) gebildet wird. Als biologische
Abfallstoffe kommen zum Beispiel menschliche oder tierische Exkremente sowie
pflanzliche Abfallstoffe (Gras, Stroh usw.) in Frage; außerdem wird beim Fäulnisvorgang
Wasser benötigt. Für eine optimale anaerobe Zersetzung sollte das Verhältnis
Kohlenstoffgehalt: Stickstoffgehalt der eingesetzten Abfallstoffe rund 25 : 1 betragen. (Exkremente haben einen relativ hohen
Stickstoffgehalt; pflanzliche Abfallstoffe haben dagegen einen relativ hohen
Kohlenstoffgehalt).
Der Abbau der Stoffe (Faulzeit) benötigt ca. 15 bis 25 Tage; die Temperatur
sollte zwischen 30 °C und 40 °C liegen. In den Biogasanlagen findet der Abbau
durch Mikroorganismen statt.
Der Heizwert des Biogases beträgt rund 20 MJ/m3. Wegen der
erforderlichen Temperaturen sind die Bedingungen für den Einsatz von
Biogasanlagen in Entwicklungsländern (zB Pakistan, Indien, Bangladesch,
Indonesien, VR China) mit relativ hohen mittleren Jahrestemperaturen und
fehlender Infrastruktur zweckmäßig.
Alkohole haben als flüssige Energieträger in letzter Zeit zunehmend Beachtung gefunden.
Die Herstellung von Alkohol für industrielle Zwecke durch chemische Synthese
– auf der Basis petrochemischer Grundstoffe – ist derzeit im allgemeinen am
günstigsten. Trotzdem besteht an der Weiterentwicklung der biologischen
Alkoholgewinnung auf der Basis von Biomasse neuerdings Interesse.
Ausgangsprodukte der Äthanolgewinnung sind zuckerhaltige-, stärkehaltige- oder
cellulosehaltige Substrakte. Bei der alkoholischen Gärung werden beispielsweise
zuckerhaltige Lösungen mit bestimmten Hefen bei 30 – 40 °C vergoren, jedoch
lassen sich nur zuckerhaltige Substrate unmittelbar vergären; die übrigen
Substrate müssen erst „aufgeschlossen“ werden. Beispielsweise wird in
Brasilien Zuckerrohr für die Äthanolproduktion eingesetzt. Dabei wird Äthanol
in einer Mischung aus etwa 80 % Benzin und 20 % Äthanol als Treibstoff
eingesetzt, was relativ problemlos möglich ist.
Literatur
DERFLINGER, Manfred u.a.: 1997. – Vernetzungen/ Wirtschaftsgeografie.
Erneuerbare Energien. Linz, Rudolf Trauner Verlag. S. 57-58
Technisches Büro für Energietechnik. 1991. – Hackgutheizung
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