Geometrie und Architektur - Aufgabe IV/2012
|
|
Im vorigen Artikel III/2012 wurde der Zentralbau so charakterisiert: Die Gruppe der automorphen Kongruenzabbildungen eines Zentralbaues ist eine Rosettengruppe. Außerdem wurde die Konstruktion genau beschrieben; aus ihr geht jedenfalls hervor, dass ein Zentralbau eine (zumindest bei genauerem Betrachten) klar erkennbare Geometrie aufweist, während sich etwa im Gegensatz dazu die Geometrie eines gotischen Gewölbes keineswegs so rasch erschließt. Während die Zentralbauten des Westens doch eher bekannt sein dürften, ist ihr Auftreten im Osten vielleicht weniger geläufig, was Gegenstand dieses Artikels ist. |
|
Am Anfang steht (natürlich) ein solitäres Bauwerk,
Das Pantheon
Das Pantheon ist eines der
Bauwerke, an denen sich die Architekten durch viele Jahrhunderte
hindurch orientiert haben, es stellt vielleicht den Prototyp dar für
alle im Orient (durch Rhomäer und Osmanen bzw. in unserer Sprechweise
Oströmer oder Byzantiner und Türken) ebenso wie auch für viele der im
Abendland errichteten Kuppelbauten. Dabei stellt es allerdings
keineswegs den ersten größeren Kuppelbau dar. Gewölbe der
verschiedensten Art, seien sie echt oder unecht, gibt es schon seit der
Zeit des Alten Reiches in Ägypten, in Mykenai (das Schatzhaus des Atreus)
und viele andere. Die Innenmaße sind: 2r = h = 43.2m, die Kuppel weist (vermutlich vor allem aus Gründen der Stabilität) eine Öffnung in 98% der Höhe auf, deren Durchmesser demnach 4.4m betragen sollte (Angabe nicht ganz gesichert). Die Mauerstärke des Zylinders beträgt 6.2m, die der Kuppel verkleinert sich von 5.9m unten auf 1.5m oben, die Mauer ist gegossenes Mauerwerk mit Steineinlagen aus nach oben zu immer leichterem Gestein. Sie ist bis heute die größte Backsteinkuppel; der Durchmesser ist etwa so groß wie der von San Pietro in Rom oder Santa Maria del Fiore in Florenz. Der Bau des Pantheons an sich fand zwar in den nächsten Jahrhunderten kaum Nachfolger, wohl aber wurde das Kugelgewölbe in anderer Zusammensetzung bei den Zentralbauten verwendet, und wie erwähnt diente es vielen Generationen von Architekten als viel bewundertes Studienobjekt. Bild: http://es.wikipedia.org/wiki/Archivo:Pantheon.drawing.jpg |
|
Die HAGIA SOPHIA
326-360 wurde von Konstantin der Vorgängerbau errichtet, vermutlich eine Basilika, dieser erlitt in der Folge Einstürze, Verwüstungen durch Volksaufstände, und brannte schließlich im Zuge eines großen Aufstandes gegen Justinian 532 völlig nieder. Der Kaiser ließ innerhalb eines Jahres die Ruinen niederreißen, den Platz einebnen und den Neubau beginnen, der nach fünf Jahren fertig war. Bei der Eröffnung (27. 12. 537) entschlüpften ihm die Worte "Preis und Ehre sei Gott, dem Allmächtigen, der mich für würdig hielt, ein derartiges Werk zu vollenden. SALOMO, ICH HABE DICH
ÜBERTROFFEN!". Der Bau entspricht in etwa dem oben beschriebenen Schema, ausgegangen wurde von einem Quader mit den Abmessungen 31.4m x 31.4m x 42.4m, die Kuppelhöhe beträgt 13.8m, so dass also unglückseligerweise ein abgeplattetes Drehellipsoid vorliegt (a=b=15.7, c=13.8m). An zwei Seiten wird der Zentralraum durch die in III/2012 beschriebenen, aus einem Halbdrehzylinder mit aufgesetzter Viertelkugel bestehenden Anbauten ersetzt, auf den beiden anderen Seiten durch zylindergewölbte Seitenschiffe. Dadurch ist der gesamte Bau einem Quader (statt einem Würfel) mit den Abmessungen Lg=74.8m, Br=69.7m und H=56.2m (ursprünglich nur 50.0m, die Kuppel wurde nach dem ersten Einsturz um 6.2m erhöht) eingeschrieben, vermutlich wegen der Verbindungen zum Vorgängerbau. Außerdem dürften die Originalmaße durch viele Umbauten und Zusammenbrüche kaum mehr genau feststellbar sein. |
Bildquellen: http://cudaswiata.archeowiesci.com/wp-content/uploads/2009/01/hagia-sophia-laengsschnitt.jpg http://en.wikipedia.org/wiki/File:Hagia-Sophia-Grundriss.jpg |
SINAN (1489-1578 oder
1588) Er war der bedeutendste
Architekt des Osmanischen Reiches und einer der bedeutendsten der Welt
überhaupt. Er war von griechischer oder armenischer Herkunft, kam dann
als Knabe zu den Janitscharen, wo er Karriere machte und an allen
Feldzügen des großen Sultans Süleyman I. teilnahm. Dieser ernannte den
fünfzigjährigen Sinan, der mittlerweile Oberst der Leibgarde geworden
war, zum Hofarchitekten. In dieser Stellung entwarf er 334 Bauten,
darunter viele der berühmtesten Moscheen (in Istanbul z.B. die Moscheen
von Sehzade, Mirimah, die Süleymaniye, Sokollu Pasa, Rüstem Pasa). Er
war mit der alttürkischen Baukunst ebenso vertraut wie mit der
griechischen, zeitlebens beschäftigt und stets wieder zu neuen
Auseinandersetzungen angespornt hat ihn aber nur die Hagia Sophia.
Seinen Ehrgeiz, eine noch größere Kuppel zu bauen, konnte er mit der
Seliniye Camii in Edirne erst im hohen Alter erfüllen. |
|
OSMANISCHE ZENTRALBAUTEN
in ISTANBUL Byzanz war in seiner
Blütezeit die größte Stadt der Welt, mit möglicherweise über einer
Million Einwohnern. Durch den Verfall des Reiches der Rhomäer, die
Eroberung durch die Kreuzfahrer und später durch die dauernde Bedrohung
durch die Osmanen verfiel sie weitgehend, so daß der Eroberersultan
Mehmed II. schließlich eine entvölkerte und weit¬gehend zerstörte
Hauptstadt vorfand. Unter gewaltigen Anstrengungen wurde die
Infrastruktur wiederhergestellt und erst allmählich, vermutlich im Laufe
von Generationen, erreichte die Stadt ihre früheren Ausmaße wieder. |
|
Die SULTAN BEYAZIT CAMII
Bildquelle: |
|
Die SULTAN AHMET CAMII
|
|
Die SEHZADE CAMII
Die MIHRIMAH CAMII
Die SÜLEYMANIYE CAMII
Bildquelle: |
|
Die DOLMABAHCE CAMII
Bildquelle: http://farm4.staticflickr.com/3264/2554495006_8d4f424f88_z.jpg?zz=1 |
|