Veranstaltungsrückblick: Wider die Ökonomisierung von Bildung

"Schule zwischen Reformzwang und Marktanpassung - Abschied von Bildung?" war der Titel einer von der FCG-AHS Wien und NÖ organisierten Veranstaltung, bei der Univ. Prof. Dr. Konrad Paul Liessmann und Prof. Dr. Jochen Krautz die zunehmende Ökonomisierung von Bildung an den Pranger stellten.

Dr. Liessmann betonte im Eingangsstatement seines Referates, dass die gegenwärtige Gesellschaft sich nicht eingesteht, dass die Schule viel leisten, aber nicht jedes Problem der Gesellschaft lösen kann. Der Begriff "Bildung" werde sehr inflationär verwendet und somit auch inhaltlich entleert: Damit wird alles benannt, was mit Beaufsichtigung oder Beschulung vom Kleinkind bis zum Studenten zu tun hat. Der wahre Humboldtsche Bildungsbegriff gehe immer mehr verloren, weil man in der heutigen Gesellschaft Bildung immer mehr ökonomischen Parametern unterwerfe. In der derzeitigen Diskussion um Schulformen und -organisation, Bildungsgerechtigkeit, Beschäftigungsfähigkeit, Standardisierungen etc. wird die eigentliche Bildung völlig aus den Augen verloren. Wissen ist heute ergebnisorientiert und anlassbezogen, soll sich an den Anforderungen der Arbeitgeber oder Interessen der Schüler orientieren, soll einen Fun-Faktor aufweisen und einen direkten Nutzen haben. Dies alles biete aber nur die Ausbildung, die viele mit Bildung verwechseln würden. Bildung lässt sich nicht standardisieren und schon gar nicht messen, wie eben mit PISA, den Standardtestungen etc. versucht wird; damit gehe Bildung nur verloren. Die Schule der Zukunft hingegen müsse Freiheit, Nutzloses und Seitensprünge des Geistes erlauben, um so den Kriterien von Bildung gerecht zu werden, fasste Dr. Liessmann in seinen Ausführungen zusammen.

Dr. Krautz, beschäftigte sich in seinem Referat genauer mit den Begriffen Bildungsökonomie und Kompetenz, von denen letzterer derzeit in aller Munde, aber bloß ein Containerbegriff sei, in dem man alles leeren kann, was einem dazu einfällt. Kompetenzen werden zunehmend als Schlüsselqualifikationen gesehen, die dazu dienen, sich einer stetig ändernden Welt anzupassen. Laut Prof. Krautz hatte aber Bildung nie Anpassung als Ziel, sondern das genaue Gegenteil. Die Auswertung der PISA-Ergebnisse habe aber eine enorme Bildungspanik geschaffen und ein Problem von Außen evoziert: Bildung zur Anpassung, das ist es, was PISA überprüft. Seine weiteren Ausführungen gingen der Frage nach, warum man sich in Europa auf diese Testungen einließ, wo man doch in den USA bereits erkannt hatte, dass diese Tests nur eine zufällige und bescheidene Aussagekraft haben, aus der man keine Schlüsse ziehen kann. Aber anscheinend will man mit dieser Art von Bildung einen für die Wirtschaft und Gesellschaft gut funktionierenden homo oeconomicus schaffen. Diese Entwicklung sei zu bekämpfen und deshalb rief Prof. Krautz am Ende seines Referates dazu auf, sich in der Schule auf den Kern der pädagogischen Arbeit zu besinnen, nämlich auf Erziehung und Bildung.

Artikel von Prof. Dr. Jochen Krautz

Beide Referenten gehören der "Gesellschaft für Bildung und Wissen" an, die objektive Beiträge zur öffentlichen Bildungsdebatte liefert und die grundlegende Aufgabe des Bildungswesens, nämlich die Vermittlung von Bildung und Wissen an die nächste Generation, wieder in Erinnerung rufen will.

www.bildung-wissen.eu

Der Bericht stammt von Frau Mag. Eva Teimel, Betreuerin des Schulportals "Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf".