Leben mit Parkinson. Achterbahn für Fortgeschrittene.
..Es gibt Bücher zum Parkinson mit der glasklaren Objektivität von Beobachtern. Es gibt Bücher zum Parkinson mit den intensiven Hoffnungen von Betroffenen. Schröder ist Beobachter und Betroffener, schreibt informativ, aber zugleich sehr persönlich.
AutorInnen: Schröder H
Verlag: TRIAS in MVS, Stuttgart
Erschienen: 2015
Zum Inhalt
Der Autor bietet eine interessante Personalunion: Er ist Psychiater, Psychotherapeut und Patient in einem. In diesem Buch beschreibt er seine Erfahrungen mit der Krankheit, die ihn seit 17 Jahren begleitet und herausfordert. Das Buch hat einen klaren Aufbau. Der 1. Teil "Plötzlich Parkinson" beschreibt den Schock über die Diagnose "Parkinson" und den Weg, den es braucht, um die degenerative Hirnerkrankung als "Lebensgefährten" akzeptieren zu können. Schröder beschreibt zugleich sachlich und persönlich die Symptomatik, eine auf Seite 24ff angeführte Liste von 4 Hauptsymptomen, von 18 unspezifischen Beschwerden (Vorläufersymptomen) und von 16 spezifischen Beschwerden kann dem Leser eine erste Eigendiagnose-Orientierung geben, wobei bei den spezifischen Beschwerden schon das Vorliegen einer einzigen Ja-Antwort den Arztbesuch nahelegt. Der Autor erläutert auch die psychische Seite der Krankheit: Herausforderungen für die partnerschaftliche Beziehung, die Bewältigung von Depressionen, Umgang mit Parkinson in der Öffentlichkeit.
Im zweiten Teil wird beschrieben, wie man durch die richtige Medikamentenkombination Parkinson in Schach halten kann, aber auch die tiefe Hirnstimulation (eine Einpflanzung eines Hirnschrittmachers) wird dargestellt. Zur Bewältigung des Parkinson gehört aber auch die Förderung und Erhaltung von Alltagskompetenz (hier werden u.a. die ergotherapeutischen Hilfen zur Alltagsbewältigung aufgezeigt und die physiotherapeutischen Anregungen für die Förderung von Haltungsstabilität, Muskelkraft usw.).
Teil 3 zeigt, wie man mit Parkinson leben kann: Es gilt, einige Verzichte zu leisten, andererseits ist viel mehr möglich als vermutet. Ganz wertvoll sind die auf Seite 92f gegebenen Hinweise darauf, wie man durch das nächste Off kommt ( die Computer-Terminologie "on" und "off" entspricht den wechselnden Zuständen guter Beweglichkeit und Bewegungshemmung ). Die Anmerkungen zum Umgang mit Halluzinationen könnten etwas umfangreicher sein. Ganz wertvoll dagegen die für Parkinsonkranke wichtige Drei-Punkte-Regel auf Seite 104f: Von den zwei Händen und zwei Füßen sollten immer drei festen Halt haben. Ausgezeichnet auch die Ausführungen zum Entspannen mit Autogenem Training und die Beziehungsherstellung zwischen den einzelnen Übungen des Autogenen Trainings und den Indikationen beim Parkinson.
Ein Serviceteil rundet das Buch mit wertvollen Adressen und Links ab.
Kleine Anmerkung: der Untertitel "für Fortgeschrittene" ist nicht repräsentativ, das Buch wendet sich insbesondere auch an Menschen, die sich mit der Erkrankung erst "anfreunden" müssen, der Vergleich mit der Achterbahn ist aber hinsichtlich der Gefühlslabilität treffend gewählt.
Es gibt Bücher zum Parkinson mit der glasklaren Objektivität von Beobachtern. Es gibt Bücher zum Parkinson mit den intensiven Hoffnungen von Betroffenen. Schröder ist Beobachter und Betroffener, schreibt informativ, aber zugleich sehr persönlich, er zeigt seine verwundbaren Stellen , aber auch seine humorige Art (wenn er Erlebnisse in Limericks verpackt); sehr eindrücklich sind auch die Stimmungsbilder und Reflexionen seiner Frau Tamara, die er oft zu Wort kommen lässt und ihr auch das Schlusswort gibt, um dann doch noch ein weiteres ermutigendes Nachwort anzuschließen.
Zum Thema gibt es viele Bücher, Schröder zählt zu den besten! Sehr empfehlenswert!